BUND-Tipp: Osterfeuer mit Bedacht

13.03.2024 (pm/red) Am Osterwochenende wird das Frühjahr oft mit einem Osterfeuer begrüßt.  Wie das Brauchtumsfeuer tier- und umweltfreundlicher wird erklärt der hessische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen).

Lesen Sie den gesamten Beitrag »
Kultur

Hessische Geschichten

Kassel

Hessen Kassel Heritage

Kunst

Home » Architektur, Nordstadt, Stadtentwicklung

Versuch einer Annäherung – die Architektur der DVAG im Marburger Nordviertel

Marburg 24.8.2012 (yb) Die Universitätsstadt Marburg wird verändert, baulich. Dies geschieht in durchgreifender Art und Weise. Wie schon vor längerem berichtet und aufgezeigt, werden dafür weit mehr als 1.000.000.000 Euro (in Worten 1 Milliarde Euro) investiert. Das ist nicht nur sehr viel Geld, es sind auch sehr viele Baumassnahmen – teils von der Öffentlichkeit und den einzelnen Menschen kaum wahrgenommen – in Planung, im Bau oder in der Projektierung.  Welche Baumassnahme größeren Umfangs (um hier zunächst einmal das Wort Architektur zu vermeiden) aus den letzten Jahren und Jahrzehnten steht dabei dem Stadtbild gut zu Gesicht?
Keine Aussage? Stattdessen Kritik und Verriss? So etwa für das sogenannte ‚Marktdreieck’ am Erlenring, für das nicht einmal der von der IG MARSS verwendete Begriff einer „gesichtslosen Dutzendarchitektur“ passen würde. Es lassen sich weitere Beispiele schlechten Planens und Bauens von größeren Objekten finden. Leider. Eine Ausnahme ins Positive markiert der inzwischen abgeschlossene Um- und Erweiterungsbau des städtischen Jugend- und Sozialamtes. Am Wilhelmplatz sind damit Proportionen und ein Bemühen um architektonische Gestaltung vollzogen worden.

Manchem mag immer noch kein Beispiel für architektonische Gestaltung und städtebauliche Ambitionen eingefallen sein. Bleiben am Ende die Türme der Philosophischen Fakultät die letzten Zeugnisse gelungener Architekturgestaltung? Genau diese sollen abgebrochen werden. Wenn dem so wäre oder ist (die Türme als Positivbeispiele für Architektur), gehören sie auf die Denkmalliste.

Es gibt ein aktuelles Beispiel für verwirklichten Architekturwillen. Dieses soll hier – zunächst in einem ersten Schritt zur Annäherung – vorgestellt werden. Der Autor dieses Beitrages hält den Versuch für gelungen, weitgehend jedenfalls. Wer jetzt an die beiden Gebäude der DVAG denkt, liegt richtig. Dort sind die letzten Bauleute inzwischen abgezogen, auch wenn im Umfeld der Elisabethbrücke und des Bahnhofsvorplatzes weiterhin heftig gebaut wird. Auch deshalb soll es hier jetzt nur um eine erste Annäherung gehen. Dieser hat sich später Weiteres, unter Berücksichtigung der Nutzungen und Innengestaltung, anzuschließen.

In einem brach gefallenem Gelände benachbart zum Rosen-Café und Sternehotel von Marburgs Ehrenbürger Dr. Reinfried Pohl hat der hoch betagte Gründer der DVAG ein Verwaltungsgebäude als Sitz der Holding und ein Kongress- und Schulungszentrum errichten lassen. Ein flüchtiger Blick via Internet reicht um zu erkennen, dass es für diese Bauwerke es so etwas wie eine Corporate Identity gibt. Es wurden keine Novitäten in Marburg geschaffen, vielmehr wurde in Marburg insbesondere mit dem größeren Bauwerk des Kongress-Centrums einer Archtitekturlinie gefolgt, für die sich in vergleichbaren Bauten anderorts Vorbilder finden lassen. Dies ist im Sinne eines Konzernhandelns schlüssig. Damit alleine sind natürlich keine Qualitätsmerkmale eo ipso verknüpft.

Es ging mit den beiden Baukörpern von Anfang an um eine Quartierbebauung, die Gestaltung eines neuen Stadtviertels. Dafür stand ein altes Gebäude in der Rosengasse, sogar als Kulturdenkmal klassifiziert, im ‚Weg’. Nach eingeholter Erlaubnis, deren Rechtmäßigkeit von einem Akteneinsichtsausschuss des Stadtparlaments überprüft wurde, kam der vom Bauherrn gewolllte Abbruch. In dem Neubaukomplex sind Anklänge an das Vorgängerbauwerk in einer Fassadengestaltung aufgegriffen worden.

Damit ist klar, dass mit dem Gesamtbauvorhaben Ärger und Zoff verknüpft war. Dies macht die Rezeption, vielen Marburgern eine unbefangene Wahrnehmung, schwerer.

Wer die Architektur erleben und bewerten will, kann dies leicht tun. Sie oder er braucht nur hingehen, um zu erleben, dass direkt am Lahnufer etwas Neues geschaffen wurde. Untypisch für Marburg – und im Stadtgebiet allenfalls an der Elisabethkirche zu erleben – ist hier eine nahezu ganzheitliche Objekt- und Raumgestaltung geleistet worden. Großzügige Freiflächen umgeben die beiden deutlich voneinander geschiedenen Gebäude. Die ovale mit prägnanten riesigen spiegelnden Glasflächen ausgestattete Grundform des Kongress-Centrums in heller Fassadenverkleidung wird durch gepflasterte Platz- und Wegebeziehungen übergeleitet zum sich markant erhebenden Verwaltungsgebäude. Das Verbindende sind die auch dort prägend verwendeten Glasflächen in Fenstergestalt. Die drei oberen Vollgeschosse in dem Längsbau mit abgerundeten Schmalseiten werden von einem Staffelgeschoss abgeschlossen.

Über die Höhe des Gesamtgebäudes lässt sich streiten. Es wirkt kritisch überragend zur Gebäudefront auf der Straßenseite gegenüber. Zugleich wird von dem Komplex des dortigen Altenwohnheims mit dem DVAG-Verwaltungsgebäude ein signifikantes Stadttor markiert, gewissermaßen als  zugleich reparierendes Architekturaufgebot, ein Ausgleich der monumentalen Störung des riesenhaft monströsen Betonbretts der über hunderte Meter aufgeständerten Stadtautobahn direkt jenseits der Lahn in Abriegelung des Bahnhofes.

Die beiden neuen Gebäude der DVAG prägen das Geviert. Sie sind Zeugnisse einer postmodernen Architektur, die für Marburg Akzente setzt. Gelungen ist in jedem Fall der Umgang mit den Flächen und Proportionen. Mit der rund 50 Millionen Euro teuren Baumaßnahme ist zugleich eine doppelte Wegeführung entlang der Lahn vom Bauherrn DVAG geschaffen und finanziert worden. Vom Lahnufer mündet eine aus der Stadtmitte kommende Radewegeverbindung. Oben verläuft eine gepflasterte Straße –von der Bahnhofstraße abzweigend – die Anneliese-Pohl-Allee. Womit auch schon angedeutet ist, dass als Sichtkante eine Reihe von Bäumen gepflanzt worden ist.

Anstelle von Beklemmung kann beim Flanieren dort durchaus das Gefühl einer Versetzung an einen anderen urbanen Ort aufkommen. Schade nur, dass darauf verzichtet wurde das in Marburg als ‚Uferbegrünung’ im Übermaß wuchernde Weidengehölz in Baumform zu beseitigen. Eine den Lahnterrassen an der Mensa ähnliche Ufergestaltung würde Offenheit und Öffentlichkeit inklusive eines zumindest kleinen Flusserlebnisses eröffnen.  Alles andere in Fotografien. Ausführliche Vorstellung im Oktober. Fotografien Hartwig Bambey © 2012

—>Siehe Beitrag DVAG Congresszentrum setzt Akzente in Marburg

Contact Us