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Widerspruchsverfahren Bebauung Vitos-Gelände – Wie ernst es der Stadtverwaltung mit mehr Bürgerbeteiligung ist

Das baumbestande Gelände des Vitos-Parks ist als Kulturdenkmal eingestuft und geschützt. Foto Johannes Linn

Das baumbestande Gelände des Vitos-Parks ist als Kulturdenkmal eingestuft und geschützt. Foto Johannes Linn

Marburg 8.6.2016 (yb) In Marburg werden nunmehr viele Wohnungen gebaut, wofür Millionen Euro Fördermittel für bezahlbaren Wohnraum genutzt werden. Inzwischen ist der Bedarf gestiegen, um Hunderten Flüchtlingen hinreichend Wohnraum bieten zu können. Umstritten bleibt die geplante Bebauung des Vitos-Geländes mit Wohnungen. Ein Bürgerbegehren wurde abgelehnt. Von BürgerInnen wurde dagegen eine Klage eingereicht. Nunmehr will der Magistrat die Widersprüche von der Stadtverordnetenversammlung in der Junisitzung zurückweisen lassen. Die Redaktion von das Marburger. hat zur aktuellen Entwicklung und Einschätzung ein Gespräch mit Dr. Andreas Matusch geführt.

Redaktion: Sie sind Herr Dr. Matusch der Klageführer in einem eingeleiteten Rechtsverfahren gegen die Stadt Marburg. Das Ziel der Klage ist es den von der Stadt Marburg verabschiedeten Bebauungsplan zum Vitosgelände zu stoppen bzw. Änderungen zu erwirken. Können Sie dies kurz erläutern?

Dr.Matusch: Am 29.01.2016 hatte die Stadtverordnetenversammlung das unstrittig formkorrekte Bürgerbegehren „Erhalt des Vitos-Parks“ zurückgewiesen. Gegen diese Zurückweisung hatten vier weitere Bürger und ich im März Widerspruch eingelegt. Jeder der 2860 gültigen Unterzeichner ist berechtigt, hier noch bis zum 29.01.2017 Widerspruch einzulegen. Die Stadt sicherte zu, dass dies kostenlos sei.

Redaktion: Was genehmigt bzw. eröffnet die Änderung bisherigen Baurechts in diesem Bereich, also der B-Plan der Stadt Marburg auf dem Gelande von Vitos?
Dr.Matusch: Am 18.12.2015 beschloss die Stadtverordnetenversammlung abschließend die dritte Änderung des Bebauungsplans 10/1 als Satzung. Der Geltungsbereich der dritten Änderung umfasst die etwa 3,5 ha große südwestlichen Ecke (Friedrich-Ebert Str., FES – Cappeler Str.) des Geländes. Die Inkraftsetzung durch den Oberbürgermeister steht noch aus und naturschutz-rechtliche Vollzugshindernisse entgegen. Die dritte Änderung sieht den Bau von 98 Sozialwohnungen durch die rein privatnützige GWH, einer 100 prozentigen Tochter der hessischen Landesbank vor und den Bau von 88 Luxuswohnungen in „Stadtvillen“ durch noch nicht genannte Investoren. So sehr den Mitwirkenden und mir die Verschandelung dort auch missfällt und wir sie abzuwenden suchten – die 3. Änderung ist nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens.

Redaktion: Welche Möglichkeiten in Ziele verfolgt(e) das Bürgerbegehren, wofür rund 3.000 MarburgerInnen ihre Unterschrift gegeben haben?
Dr.Matusch: Gegenstand des Bürgerbegehrens ist vielmehr die Einleitung einer vierten Änderung des Bebauungsplans 10/1 für das gesamte ca. 35 ha große Vitos-Gelände nebst angrenzender Grünstreifen. Wir möchten das Gelände in öffentlichem Eigentum für gemeinnützige Zwecke (wie Kindergärten, Schulen, Krankenhaus, Gotteshaus, Altersheim, Hospiz) und als Park erhalten. Privaten Wohnungsbau und kommerzielle Nutzungen wollen wir dort nicht. Die Frage des „Ob“ einer Planung kann von den Bürgern und einem Bürgerentscheid beantwortet werden. Das „Wie“ wird wie gehabt im anschließenden Planaufstellungsverfahren von Stadtverordnetenversammlung und Verwaltung unter Beteiligung der Öffentlichkeit und Trägern öffentlicher Belange geregelt.

Text Antrag STVV 16.JuniRedaktion: Was meinen Sie warum die Stadt Marburg in Magistrat, Ausschüsse und Stadtverrordnetenversammlung im Juni 2016 einen Antrag einbringt mit dem Ziel „Die Widersprüche von Dr. Andreas Matusch, Rudolf Matusch, Barbara Matusch, Reinhold Wind sowie Johannes Linn gegen den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Universitätsstadt Marburg vom 29.01.2016, VO/4574/2016 betreffend das Bürgerbegehren „Erhalt des Vitos-Parks“ zurückzuweisen?
Dr.Matusch: Entscheiden muss die Stadtverordnetenversammlung, denn sie handelt hier in der Eigenschaft als Ausgangs- und Widerspruchsbehörde. Abgestimmt, ggf. nach Beratung, wird öffentlich am Di. den 14.06 im Haupt- und Finanzausschuss, Barfüßerstr. 50 Hintereingang und wahrscheinlich am Fr. den 17.06. ab 16h30 in der Stadtverordnetenversammlung (siehe www.marburg.de –> Politik & Stadtgesellschaft –> Stadtparlament –> Sitzungskalender). Mit der Empfehlung, das Bürgerbegehren weiterhin zurückzuweisen, setzt die Verwaltung den einmal eingeschlagenen Kurs fort. Dabei ist noch völlig offen, wie ein Bürgerentscheid ausgehen würde.  Der vorgeschlagene Aufstellungsbeschluss kostet nichts und verpflichtet die Stadt zu gar nichts. Der Bürgerentscheid darüber würde aber eine breite Legitimationsbasis dafür abgeben, welche Richtung eingeschlagen wird.

Redaktion: Wie verhält sich dieses Vorgehen der Stadt Marburg zu der Klage von Ihnen und anderen? Wird diese damit obsolet?
Dr.Matusch: Das Widerspruchsverfahren ist das Vorverfahren vor Erhebung der Verpflichtungsklage. Als kleine technische Besonderheit habe ich diese hier bereits erhoben, bezahlt und ruhend gestellt. Es muss sozusagen nur noch der „submit-button“ geklickt werden. Selbstverständlich klage ich dann alle Instanzen durch.

Rodung eines Waldstücks auf dem Vitos-Gelände im Feburar 2016. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Rodung eines Waldstücks auf dem Vitos-Gelände im Feburar 2016. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Redaktion: Der Wald auf dem Gelände wurde im Februar 2016 gerodet, die Pläne für eine Wohnbebauung sind in Arbeit. Lässt sich in dieser Angelegenheit noch etwas ausrichten nach Ihrer Einschätzung?
Dr.Matusch: In der südwestlichen Ecke ist Ende Januar lediglich etwa ein Hektar für die 98 GWH-Wohnungen gerodet worden. Etwa 0,9 Hektar im Bereich für die 88 Stadtvillen stehen noch. Weiterhin wurden etwa 15 Obstbäume auf der Streuobstwiese hinter dem China-Imbiß gerodet. Hier droht längst das Projekt „Vitos III“ mit weiteren 50 Wohnungen. Nach den Baurechtsänderungen vom 20.11.2014 und vom 20.10.2015 kann weitere Wohnbebauung schnell, still und leise, rein auf Verwaltungsebene ohne Bebauungsplanänderung und ohne Stadtparlament vonstatten gehen.
Mir kamen auch Überlegungen zum Bau eines Hotels und eines Altersheims zu Ohren. Der angedachte Aufstellungsbeschluss würde der Stadt hier erst den Spielraum geben, Bauanträge ggf. zurückzustellen und ein geordnetes Gesamtkonzept zu verfolgen.
Bei der derzeitigen Verschuldung der Öffentlichen Hand sind die Begehrlichkeiten zur Privatisierung weiterer Stücke von Vitos groß. Vitos ist zu 100 Prozent Tochter des Landeswohlfahrtsverbandes. Gesellschafter dort sind die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte. Einige von denen stehen unter dem finanziellen Schutzschirm des Landes.
Es geht darum, möglichst viel von dem 35 ha Gesamtgelände zu erhalten. Hier ist die sehr starke Marburger Zivilgesellschaft beileibe nicht mittellos. Für diejenigen, die ihn noch nicht kennen, ist der Park gerade jetzt im Sommer einen Spaziergang wert.
Es geht aber auch darum, wie ernst es der Stadtverwaltung mit mehr Bürgerbeteiligung ist. Hier haben wir ihr eine goldene Brücke gebaut. In der anstehenden Abstimmung haben die Stadtverordneten erneut die Möglichkeit, sich für Demokratie, Bürgerbeteiligung und ein fruchtbares Miteinander von Verwaltung, Politik und Bürgern zu entscheiden.

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