Orientierungswoche mit Stadtrallye für Erstsemester ab 8. April

29.03.2024 (pm/red) Vom 8. bis 12. April sind aktive Fachschaften und Teamer der Philipps-Universität als Unterstützer beteiligt neuen Studierenden Orientierung und Ortskenntnisse in der Stadt und Uni Marburg zu vermitteln. Wie Stundenpläne erstellt werden und …

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Kunstaktionen in Kulturhauptstadt Sfax und Marburg wollen Versöhnung

Mit einer Plastikplane Zeichen setzen – hunderte von Menschen aus der Partnerstadt Sfax und Marburg haben das bereits getan. Bürgermeister Dr. Franz Kahle (Mitte) und die Ansprechpartnerin für Städtepartnerschaften der Stadt Marburg, Lisa Bast (r.), machten sich im Rathaus ein Bild von der Aktion des Künstlers Thomas Gebauer. Foto Tina Eppler

Mit einer Plastikplane Zeichen setzen – hunderte von Menschen aus der Partnerstadt Sfax und Marburg haben das bereits getan. Bürgermeister Dr. Franz Kahle (Mitte) und die Ansprechpartnerin für Städtepartnerschaften der Stadt Marburg, Lisa Bast (r.), machten sich im Rathaus ein Bild von der Aktion des Künstlers Thomas Gebauer. Foto Tina Eppler

Marburg (19.7.2016) Sfax, die Partnerstadt von Marburg in Tunesien, ist von April 2016 bis April 2017 Kulturhauptstadt der arabischen Welt. Aus diesem Grund präsentierte Thomas Gebauer mit Unterstützung der Stadt Marburg vor Ort zwei Projekte. Bürgermeister Franz Kahle stellte gemeinsam mit dem Marburger Künstler die Aktion „Reconciliation“ (Versöhnung) vor. Das Projekt soll ein Jahr laufen und lädt Menschen auf der ganzen Welt dazu ein, ihren eigenen Beitrag zu leisten. Marburg und die nordafrikanische Stadt Sfax verbinde eine über 40 Jahre lange Partnerschaft, die 1971 geschlossen wurde, erläuterte Bürgermeister Dr. Franz Kahle. „Von sportlichen Anknüpfungspunkten über die Feuerwehr bis hin zu Schüleraustauschprojekten setzt sich die vielseitige gemeinsame Historie der Städtepartnerschaft zusammen“, führte Kahle aus.

Bedingt durch den Arabischen Frühling 2011 und 2012 und den mit der Revolution einhergehenden Veränderungen sei es jedoch zunehmend schwieriger, Austauschprojekte praktisch umzusetzen. Daher sei die Initiative von Thomas Gebauer in der tunesischen Stadt umso wichtiger, dankte Marburgs Bürgermeister dem freischaffenden Aktionskünstler: „Auf diesem Weg wird, neben der Initiative der Philipps-Universität, der Austausch zwischen Marburg und Sfax als wichtiger Mosaikstein weiter lebendig gehalten.“

„Reconciliation“ (Versöhnung): Hunderte von Menschen in der Marburger Partnerstadt Sfax haben sich bereits mit ihren Ideen und Antworten an der Aktion von Thomas Gebauer beteiligt - hier beim Beschreiben der Plastikplane. Foto Thomas Gebauer

„Reconciliation“ (Versöhnung): Hunderte von Menschen in der Marburger Partnerstadt Sfax haben sich bereits mit ihren Ideen und Antworten an der Aktion von Thomas Gebauer beteiligt – hier beim Beschreiben der Plastikplane. Foto Thomas Gebauer

Gebauer berichtete, die Altstadt von Sfax, die sogenannte Medina, gehöre zu den best- erhaltenen Altstädten im arabischen Raum. Bekannt ist sie vielen Menschen auch aus dem Film „Der englische Patient“. Vor zwei Jahren wurden alte Herrenhäuser (Borj) zu Ausstellungsräumen umfunktioniert. Dort hat die „Association des Amis des Arts Plastiques“ („Freunde der plastischen Kunst“) aus Sfax eine internationale Kunstausstellung organisiert, bei der Gebauer seine Installation präsentierte. Eingerahmt von der Ausstellung „Kritische Augenblicke“ mit Werken von Schüler/innen der Marburger Steinmühle thematisiert der Künstler die Flucht und will Menschen inspirieren, den Hass in der Welt zu überwinden und die Versöhnung zu kultivieren.

In den Mittelpunkt seiner Installation stellte Gebauer die nach tagelangem Ostwind übers Mittelmeer nördlich von Lybien und Ägypten angetriebene Lebensschutzweste eines Kindes und eine ebenfalls an der Ostküste Tunesiens angeschwemmte Plastikplane. Die Lebensschutzweste verwendete Gebauer zur Erinnerung an die Menschen, die im Mittelmeer ertrinken beziehungsweise die übers Mittelmeer versuchen, nach Europa zu kommen. Für Gebauer stehen die Objekte als Symbol dafür,  wie Antworten zur Versöhnung zu Schutzwesten für Menschen werden können. Denn die Menschen in Sfax haben zahlreich bei Gebauers Installation mitgemacht und die gesamte Plastikplane von einer Seite mit ihren Ideen und Antworten gestaltet.

MarburgerInnen waren aktiv und hinterließen auf der zweiten Seite der Plastikplane ihre Gedanken zur Versöhnung. Foto Thomas Gebauer

MarburgerInnen waren aktiv und hinterließen auf der zweiten Seite der Plastikplane ihre Gedanken zur Versöhnung. Foto Thomas Gebauer

Im Rahmen des 3-Tage-Marburg-Gottesdienstes war seine Installation aufgebaut. Auf dem Lutherischen Kirchhof der Pfarrkirche wurde die zweite Seite der Plastikplane gestaltet.  Die Menschen konnten sich außerdem Lebensschutzwesten als Erinnerung und Aufforderung mit nach Hause nehmen.

Die Aktionskunst Gebauers leiste einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlich-politischen Prozess, so Bürgermeister Kahle. Ein Kern von Gebauers Arbeiten bestehe darin, Jugendliche mitzunehmen. „Dies trägt dazu bei, extremistischen Tendenzen in der Gesellschaft entgegenzuwirken.“  Das einfach formulierte Ideal, Hass zu überwinden und eine gemeinsame Welt zu schaffen, sei als Ziel für die Zukunft des Landes und der Welt hervorzuheben. „Wenn die Aktionen dazu beitragen, Jugendliche und die junge Gesellschaft, die Sfax bildet, für solch ein Ideal zu begeistern, dann ist das ein kleiner Beitrag zum demokratischen Prozess mit künstlerischen Mitteln“, machte Kahle bewusst.

Reconciliation_BannerUnter dem Arbeitstitel „Mittelmeerbrücke“ startete Gebauer zudem einen für das kommende Jahr geplanten Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern aus Sfax und Marburg. Junge Menschen werden sich gemeinsam auf die Suche nach Ideen und lokalen Lösungen „zum Klimaschutz und zur Zukunftssicherung der Menschen“ begeben. „Das Projekt will Lernmöglichkeiten schaffen und Jugendlichen ermöglichen, über den Tellerrand zu schauen“, so Gebauer. Denn gerade für die junge Generation in Sfax bestehe die Gefahr, von terroristischen Ideen und Gruppierungen, wie etwa dem IS, angezogen zu werden, erklärt er.

Terrorismus habe wiederum direkte Auswirkungen auf den Tourismus des Landes und damit auf die wirtschaftliche Gesamtsituation, so der Aktionskünstler – genau wie der Klimawandel: „Zunehmende Dürreperioden sind eine reale Gefahr für über 60 Millionen Olivenbäume, die eine wichtige Einnahmequelle für die Bevölkerung sind“, erläuterte Gebauer. „Wie können wir Jugendlichen Perspektiven geben?“, laute daher eine zentrale Frage.

Es gelte den Erfahrungsaustausch und das Verständnis füreinander zu schaffen. „Das funktioniert letztlich nur über den Dialog. Hoffnung ist da, aber es ist ein großes Stück Arbeit“, ist sich Gebauer sicher. Eine Vision des Aktionskünstlers wäre ein Begegnungszentrum mit jungen Menschen aus Marburg und Sfax vor Ort in der Partnerstadt. „Dort könnten dann Studierende mit ihrem Seminar theoretische Kenntnisse praktisch anwenden.“

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