Staatstheater Kassel: „Carmen“ ab 31. März zurück auf dem Spielplan

24.3.2024 (pm/red) Nach mehrmonatiger Pause kehrt die beliebte Opernproduktion wieder auf den Spielplan zurück: Georges Bizets „Carmen“ in der Inszenierung von Florian Lutz ist ab Ostersonntag, 31. März, wieder im Opernhaus, in der Raumbühne ANTIPOLIS …

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Filmstart ‚Nebel im August‘– Spielfilm zur ‚Euthanasie‘ aus Kinderperspektive

filmplakat-nebel-im-augustMarburg 30.9.2016 (pm/red) Deutschland, im Mai 1944. Ernst Lossa ist 13 Jahre alt und kommt, weil er von anderen Erziehungsanstalten als „nicht erziehbar“ eingestuft wurde, in eine Nervenklinik. Dort erkennt der Leiter Dr. Veithausen sofort, dass in Ernst ein aufgeweckter, rebellischer Junge steckt, der von seinem Vater, einem „Jenischen“, wohl nicht mehr aus der Anstalt abgeholt werden wird. Nach und nach gewöhnt sich Ernst an das Leben mit den Patienten, die unter geistigen und körperlichen Behinderungen leiden und von den Nazis als „kranker Volkskörper“ bezeichnet werden.

Ernst findet Freunde, vor allem in der gleichaltrigen Nandl, die unter epileptischen Anfällen leidet. Doch nicht alles ist so harmonisch, wie Veithausen es gerne nach Außen darstellen möchte. Immer mehr häufen sich in der Klinik scheinbar zufällige Todesfälle. Schon bald merkt Ernst, dass der Tod in der Klinik kein willkürliches Schicksal, sondern Teil eines gnadenlosen und radikalen Programms ist. Ernst begehrt dagegen auf, zusammen mit der Nonne Sophia.

Doch Widerstand ist für das System etwas, das es zu brechen gilt. Zwischen 1939 und 1945 wurden in Folge des sogenannten „Euthanasie“-Programms in deutschen Nervenkliniken mehr als 200.000 Menschen ermordet, darunter unzählige Kinder. Regisseur Kai Wessel greift dieses wichtige Thema auf und beginnt mit der historisch realen Figur des Ernst Lossa seinen Film.

Es ist Ernsts Blick, mit dem der Zuschauer die Anstalt betritt, die zunächst noch erfüllt ist von einer recht heimeligen Atmosphäre. Es ist Sommer auf dem Land, die Farben sind warm, immer wieder gibt es auch heitere Momente. Doch ganz subtil lässt der Film das Grauen in die Szenerie einfließen. Mit der Krankenschwester Edith Kiefer betritt eine Art Todesengel die Zimmer der hilflosen Patienten. Wenn sie auf die Kinder zugeht, mit einem Tablett, auf dem ein Becher Himbeersaft den sicheren Tod enthält, dann überträgt sich das kalte Grauen auf den Zuschauer.

Wessel arbeitet viel mit solch ausdrucksstarken Bildern und Einstellungen. Die Dialoge sind reduziert, auch auf dramatische Musik verzichtet der Film. NEBEL IM AUGUST lebt auch von dem authentischen Spiel der Darsteller. Sebastian Koch als Klinikleiter, dessen Härte und Kalkül erst nach und nach durchschaubar wird; Fritzi Haberlandt als Nonne Sophia, die versucht, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Einzelne vor dem Tod zu retten; Henriette Confurius als Schwester Kiefer, in deren Gesicht eisige Kälte und gleichzeitig vorgegebene Empathie für die Kinder gespiegelt ist; all die Kinderdarsteller, die so natürlich spielen, als wäre man Zeuge einer Dokumentation.

Und Ivo Pietzcker als Ernst Lossa. Pietzcker ist auch in dieser Rolle eine Entdeckung und trägt viele Szenen allein aufgrund seiner Präsenz, seiner Natürlichkeit und seinem intensiven Ausdruck voller Trotz und Entschlossenheit, der den Betrachter gefangen nimmt. Kai Wessels NEBEL IM AUGUST setzt Ernst Lossa und den Opfern der „Euthanasie“-programme ein würdiges Denkmal. Ein großartiger Film, der tief berührt und betroffen macht – und dessen zentrale Botschaft dennoch die lebensbejahende Hoffnung ist.

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