Staatstheater Kassel: „Carmen“ ab 31. März zurück auf dem Spielplan

24.3.2024 (pm/red) Nach mehrmonatiger Pause kehrt die beliebte Opernproduktion wieder auf den Spielplan zurück: Georges Bizets „Carmen“ in der Inszenierung von Florian Lutz ist ab Ostersonntag, 31. März, wieder im Opernhaus, in der Raumbühne ANTIPOLIS …

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Zum Holocaustgedenktag Vortrag von Prof. Emilio Gentile über das Verhältnis von Religion und Faschismus

Marburg 23.1.2012 pm/red) Der 27. Januar ist seit 1996 in Deutschland Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. In Israel wird dieser Tag schon länger begangen. Er wurde im Jahr 2005 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen per Resolution als Internationaler Holocaustgedenktag proklamiert. Das Institut für Romanische Philologie der Philipps-Universität bietet in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Kulturinstitut Frankfurt am Mittwoch, 25. Januar, einen Vortrag von Prof. Emilio GENTILE, La Sapienza – Rom, zum Thema „Contro Cesare: religione e totalitarismo“. Es geht um die zweideutigen Beziehungen zwischen Kirchen und totalitären Staaten, erforscht von einem international geschätzten Historiker.

Die Mehrheit der Gläubigen und ein großer Teil des Klerus in Italien und in Deutschland stritt die antichristliche Natur des Faschismus und Nationalsozialismus ab. Man sah sie nicht beziehungsweise wollte sie gar nicht erst sehen. Im Kampf gegen Kommunismus und weltliche Demokratie, die Mussolini und Hitler in ihren Ländern besiegt und verbannt hatten, betrachtete man Faschismus und Nationalsozialismus als formidable Verbündete der Kirche.

Der Vortrag folgt dem Inhalt der gleichnamigen Buchveröffentlichung von Emilio Gentile mit dem Titel ‚Contro Cesare: Cristianesimo e totalitarismo nell’epoca dei fascismi‘: Es geht darum, das Problem der Vereinbarkeit von Totalitarismus und Christentum zu hinterfragen. Kirchen und Gläubige als Träger christlicher Doktrin und Ethik mit widersprechenden Menschenbildern und Lebensphilosophien gerieten mit der Machtergreifung totalitärer Regimes in Konflikte.

Während der Bolschewismus wegen des ausdrücklichen Bekenntnisses zum Atheismus und der Religionsverfolgung im sowjetischen Sozialismus eine quasi einstimmige Verurteilung von christlicher Seite erfuhr, war die Konfrontation mit dem Faschismus und Nationalsozialismus komplexer und ambivalenter. Nur manche Gläubige wussten die Schwere der Bedrohung für Christentum und Zivilisation, die von den Totalitarismen ausging, auf Anhieb zu verstehen und bekämpften diese mit Entschlossenheit und Überzeugung. Als antifaschistische Leitfiguren stehen dafür Don Luigi Sturzo, Francesco Luigi Ferrari oder Don Primo Mazzolari.

Dennoch versuchten die katholische Kirche in Italien und die protestantischen Kirchen in Deutschland in Dialog mit den totalitären Regierungen zu treten und eine Beziehung aufzubauen. Zweideutige Haltungen zwischen Achtung und Verachtung, Unterstützung und Gegnerschaft, täuschte und enttäuschte viele Gläubige. In Italien als erstem westlichen Land mit Einparteienregime, das Politik sakralisierte und Führerkult zelebrierte, hatte sich Mussolini mit dem Konkordat als Verteidiger der Kirche präsentiert. Die Kirche wiederum betrachtete den Faschismus, wie später auch den Nationalsozialismus, als ‚Bollwerk‘ gegen den Bolschewismus, die liberale Modernität und die weltliche Demokratie. Sie fand aber zugleich in der faschistischen politischen Religion einen potenziellen Konkurrenten.

Die neuheidnischen Komponenten in Deutschland hingegen, die den Nationalsozialismus als neue antichristliche Religion mit teutonischem, arischem und antisemitischem Kult vorstellten, veranlassten manche katholische Bischöfe und Vertreter protestantischer Glaubensrichtungen zur Distanzierung vom Hitler-Regime. Für das christliche Gewissen konnte der Konflikt zwischen dem Primat Christi und dem Primat Cäsars dramatische Erfahrung werden. Für einige entpuppte sie sich auch als Gelegenheit, die Bedeutung des Totalitarismus und die Gefahr des Integralismus bei Staat und Kirche zu überdenken.

Emilio GENTILE ist Professor für zeitgenössische Geschichte an der Universität La Sapienza in Rom. 2003 erhielt er für seine Studien über die Religionsthematik in der Politik den Hans-Sigrist-Preis der Universität Bern. Er ist einer der angesehensten Forscher auf dem Gebiet der Geschichte des Faschismus und seine Bücher wurden in die Hauptsprachen der Welt übersetzt.

Buchpublikation: Contro Cesare: Cristianesimo e totalitarismo nell’epoca dei fascismi, Feltrinelli 2010.

Der Vortrag am Mittwoch, 25. Januar – 18.00 Uhr, findet statt im Ernst-von-Hülsen-Haus, Raum 00013, in der Biegenstraße 11.

 

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