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Angespannte Lage für deutsche Krankenhäuser – Rating Report sieht mehr Kliniken von Insolvenz bedroht

Marburg 17.6.2012 (pm/red) Die wirtschaftliche Situation der deutschen Krankenhäuser habe sich seit 2010 verschlechtert. Inzwischen könnte für 15 Prozent der Kliniken eine erhöhte Insolvenzgefahr bestehen, berichtet das wirtschaftsnahe Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Langfristig könnten die Kosten stärker steigen als die Erlöse und die Lage dürfte angespannt bleiben. Ein Handel mit Rechten zur Abrechnung von Krankenhausbehandlungen und eine ‚weitere Marktkonsolidierung‘ werden als Mittel betrachtet den „Krankenhausmarkt zu stabilisieren“, wie mitgeteilt wird. Zu diesen Ergebnissen kommt die achte Ausgabe des ‚Krankenhaus Rating Report‘, der im Rahmen des ‚Hauptstadtkongress 2012 – Medizin und Gesundheit‘ in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Demnach hat sich die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser seit 2010 verschlechtert. Befanden sich im Jahr 2010 noch 10 Prozent der Häuser im ‚roten Bereich‘ mit erhöhter Insolvenzgefahr, könnten es laut ‚Krankenhaus Rating Report‘ mittlerweile 15 Prozent sein. Um die Investitionsfähigkeit der Kliniken sei es ebenfalls schlecht bestellt. Nur rund die Hälfte von ihnen erwirtschafte ausreichende hohe Erträge, um ihre Unternehmenssubstanz zu erhalten. Auch langfristig werden stärker steigende Kosten im Verhältnis zu den Erlösen prognostiziert.

Den achten ‚Krankenhaus Rating Report‘ haben das RWI, das Institute for Healthcare Business und das Beratungsunternehmen Accenture gemeinsam erstellt. Der Report 2012 basiert auf einer Stichprobe von 705 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2009, die insgesamt 1057 Krankenhäuser umfassen, sowie 286 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2010.

Öffentlich-rechtlichen Kliniken geht es wirtschaftlich am schlechtesten
Am besten war die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser 2010 demnach in Sachsen-Anhalt/Thüringen, Rheinland-Pfalz/Saarland und in Sachsen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen. Im Mittelfeld befanden sich Mecklenburg-Vorpommern/Brandenburg/Berlin, Bayern und Schleswig-Holstein/Hamburg. Am schwierigsten war die Situation offenbar in Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen/Bremen.

Betrachtet man die wirtschaftliche Situation nach Trägern, schneiden öffentlich-rechtliche Kliniken durchschnittlich schlechter ab als freigemeinnützige oder private. So lagen im Jahr 2010 18 Prozent der öffentlich-rechtlichen Häuser im ‚roten Bereich‘, aber nur 9 Prozent der freigemeinnützigen und 2 Prozent der privaten. Eine Ausnahme waren ostdeutsche kommunale Kliniken mit nur 3 Prozent im ‚roten Bereich‘. Zwischen den westdeutschen öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern gibt es allerdings große Unterschiede und Häuser mit sehr guten Betriebsergebnissen.

Weitere Ergebnisse der Studie sind, dass kleine Krankenhäuser bezüglich der wirtschaftlichen Lage schlechter abschneiden als große oder mittelgroße. Kliniken mit einem hohen Spezialisierungsgrad stehen signifikant besser da als solche mit einem geringen. Einen Zusammenhang gibt es auch zwischen Wirtschaftlichkeit, Qualität und Patientenzufriedenheit. Häuser mit qualitativen Auffälligkeiten weisen ebenso ein schlechteres Rating auf wie solche mit geringer Patientenzufriedenheit. Der erstmals untersuchte Zusammenhang zwischen Managementstrukturen und dem Rating der Krankenhäuser zeige, dass bessere Managementstrukturen mit einer besseren Ertragslage einhergehen.

Wachsende Krankenhausnutzung führt zu steigenden Kosten
Die Ausgaben für Krankenhäuser betrugen 2010 insgesamt 74 Milliarden Euro und stiegen damit gegenüber 2009 um 4,7 Prozent. Zwischen 2005 und 2010 nahmen die Ausgaben für Krankenhäuser um rund 20 Prozent zu und damit zwar geringer als die Ausgaben für Arztpraxen (23 Prozent) oder für ambulante und stationäre Pflege (26 Prozent). Der Zeitraum 2005 bis 2010 war dennoch durch eine starke Zunahme der Zahl der behandelten Fälle geprägt. So nahm beispielsweise die Zahl stationärer Fälle um rund 9 Prozent zu.

Insgesamt stiegen die Erlöse aus DRG-Fallpauschalen, die zwischen Kosten- und Leistungsträgern abgerechnet werden, um 25 Prozent. Dabei gehen über 60 Prozent dieser Zunahme nicht auf demografische Veränderungen zurück, sondern auf medizinisch-technischen Fortschritt und vermehrte Angebote an die Patienten. Setzt sich dieser Trend fort, dürfte die Zahl der Fälle zwischen 2010 und 2020 um 13 Prozent zunehmen, obwohl demografiebedingt nur mit etwa 5 Prozent mehr Fällen zu rechnen wäre.

Krankenhausversorgung vor dem Wendepunkt
Die Krankenhausversorgung stehe 2012 an einem Wendepunkt, wird als Schlussfolgerung mitgeteilt. Erstens seien geeignete Instrumente zu finden, um die starke Mengendynamik zu bremsen und so das Gesundheitssystem zu entlasten. Eine Möglichkeit wäre ein ‚Rechtehandel‘, bei dem eine feste, jährlich anzupassende Menge an Rechten zur Abrechnung von Krankenhausbehandlungen ausgegeben würde. Mengenverhandlungen würden dann zwischen den Krankenhäusern stattfinden, statt wie bisher zwischen einzelnen Krankenkassen und Krankenhäusern. Die Mengendynamik wäre gebremst, und gleichzeitig würden Anreize zur weiteren Spezialisierung und Konsolidierung des Krankenhausbereichs gesetzt.

Zweitens müsse die Investitionsfähigkeit der Krankenhäuser steigen. Dazu sollten die knappen öffentlichen Mittel auf weniger Begünstigte und zudem effizienter verteilt werden. Weniger Begünstigte bedeutet dabei, dass Krankenhäuser ohne erkennbare wirtschaftliche Zukunft und ohne nennenswerte Bedeutung für die regionale Versorgung aufgegeben werden sollten. Zur effizienteren Mittelverwendung sollten die Investitionsmittel der Länder in Pauschalen umgewandelt werden. Auf diese Weise wäre nicht das Bundesland, sondern das einzelne Krankenhaus für die effiziente Nutzung des Geldes verantwortlich. Zusätzlich sollte der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen verbessern, beispielsweise, indem er eine engere Zusammenarbeit des ambulanten und stationären Bereichs erlaube oder generell mehr unternehmerische Freiheit gewähren würde.

Weitere Konzentration in Händen privater Klinikbetreiber
Drittens würden sich Zeichen einer beschleunigten ‚Marktkonsolidierung‘ zeigen. Eindrucksvollstes Beispiel sei die angekündigte Übernahme der Rhön-Klinikum AG durch Fresenius. Damit könnte die fusionierte Klinikkette einem Großteil der Bevölkerung spezielle Angebote unterbreiten. Der Wettbewerb würde verschärft und Strukturen aufgebrochen. Langfristig könne sich so eine patientenorientierte, sektorenübergreifende Medizin herausbilden, meinen die Autoren. Weitere Anbieter würden Helios-Rhön voraussichtlich folgen, der Krankenhausmarkt werde sich stark wandeln.

Denkbar sei, dass sich schließlich fünf große überregionale Klinikverbünde herauskristallisieren würden. Dies hätten dann insgesamt rund 60 Prozent Marktanteil. Sie würden eng mit starken Partnern aus dem kommunalen und universitären Bereich kooperieren und jeweils eine gemeinsame Dachmarke bilden. Daneben gäbe es mehrere regionale Verbünde, vor allem in kommunaler Trägerschaft. Nur einige Solisten mit besonderem Nischenangebot werden sich wohl behaupten, wird abschließend eingeschätzt.

Gesundheit als Ware oder Versorgungsauftrag im Sozialstaat?

Für die Diskussion um die Zukunft der Unikliniken Gießen und Marburg (UKGM) liegt damit eine allgemeine Prognose aus Sicht der Krankenhauswirtschaft vor. Diese lässt nichts Gutes erwarten, wenn das UKGM Teil des fusionierten Helios-Rhön-Konzerns bleiben würde. Der Rating Report liefert allemal treffliche Argumente für die Umsetzung weiterer Kostensenkungsprogramme. Aus der Sicht profitorientierter Unternehmen mag dies schlüssig sein. Demgegenüber müssen Fragen zum Wesen der stationären Gesundheitsversorgung gestellt und beantwortet werden.

74 Milliarden Euro Ausgaben für Krankenhäuser sind ein ‚fetter Markt‘, von dem wachsende Teile von der Wirtschaft geschluckt werden sollen. Wer stellt hier eigenlich noch die Versorgungsfrage für die Bevölkerung? Bei einem derzeit unzureichendem System der Krankenhausfinanzierung sind den Begehrlichkeiten von börsenorientierten Konzernen politische und sozialstaatliche Positionen entgegen zu halten. Die Erfahrungen mit dem (noch) privatisierten UKGM zeigen dies allzu deutlich.

—> siehe aktuellen Bericht zum Kostendruck am UKGM

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