Orientierungswoche mit Stadtrallye für Erstsemester ab 8. April

29.03.2024 (pm/red) Vom 8. bis 12. April sind aktive Fachschaften und Teamer der Philipps-Universität als Unterstützer beteiligt neuen Studierenden Orientierung und Ortskenntnisse in der Stadt und Uni Marburg zu vermitteln. Wie Stundenpläne erstellt werden und …

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Ostermarsch – wann, wenn nicht jetzt

Ostermarsch in Kassel. Foto Kasseler Friedensforum

Marburg 11.3.2017 Gastbeitrag von Ursula Wöll Am 26. April 1937, also vor 80 Jahren, wurde erstmals in der Geschichte die Zivilbevölkerung das ausschließliche Ziel eines Militärangriffs. Die  Nazi-Legion Condor warf Bomben auf die kleine baskische Stadt Guernica und löschte sie aus. Einige Hundert Menschen starben, genaue Zahlen gibt es nicht, weil die Stadt viele Flüchtlinge beherbergte. Seit Juli 1936 war Bürgerkrieg in Spanien, der faschistische General Franco hatte gegen die gewählte Regierung geputscht. Guernica besaß keinerlei kriegswichtige Einrichtungen, daher hatten sich die Bewohner relativ sicher gefühlt und ihren Wochenmarkt wie üblich besucht. Die Stadt war ein Symbol für die Basken, der Stumpf der 1000jährigen Eiche, unter der man einst Gericht hielt, ist bis heute zu besichtigen. Hitlers Bomber sollten Franco helfen, die Spanier psychologisch zu zermürben und gleichzeitig den von Hitler längst beschlossen Weltkrieg einüben.

Pablo Picasso lebte damals, 1937, in Paris. Der 55jährige Spanier war beauftragt, für den spanischen Pavillon der Pariser Weltausstellung ein Bild zu malen. Als er von dem Zivilisationsbruch in Guernica erfuhr, entschloss er sich, die Schrecken eines jeden Krieges zum Thema zu machen. So entstand in kurzer Zeit sein berühmtestes Gemälde mit dem Titel „Guernica“. Es hat die monumentalen Ausmaße von 349 x 777 cm. Die über 27 Quadratmeter sind nur in Grautönen, Schwarz und Weiß bemalt. Heute hängt das Gemälde, ein Tableau der Zerstörung und des Todes, im Museo Reina Sofia in Madrid und wird nie mehr ausgeliehen, um Schäden zu vermeiden.

Die globalen Stellvertreterkriege hatten keine Erinnerung an Guernica bei mir evoziert. Erst als die Debatte über eine Erhöhung der eh schon aberwitzigen Militärausgaben jüngst Fahrt aufnahm, fiel mir Picassos Kunstwerk ein. Vielleicht weil mir schwante, dass ich in naher Zukunft auch selbst von einem Krieg betroffen sein könnte. Nicht nur die Hochrüstung im Kaiserreich hatte zu einem Wettrüsten geführt und sich 1914 im Ersten Weltkrieg entladen. Auch Hitler hatte die Wehrmacht, und zwar Heer, Marine und Luftwaffe, systematisch hochgerüstet, ab 1936 in verstärktem Tempo. Seitdem muss auch dem Begriffsstutzigsten klar sein:  Aufrüstung führt zum Wettrüsten führt zum Krieg. Und der erfreut nur die Rüstungskonzerne, einfachen Leuten wie mir bringt er die Katastrophe. Die Mutter im linken Drittel von Picassos ‚Guernica‘ drückt das aus. Mit ihrem toten Kind im Arm erinnert sie an eine Pietá, schreit aber aufbegehrend und anklagend in ihrem physischen und psychischen Schmerz.

Donald Trump will wieder Kriege gewinnen, so hörte ich es im O-Ton im Radio. Er plant eine Erhöhung des US-Militärhaushaltes um jährlich 54 Milliarden Dollar, obwohl dieser Etat bereits heute mehr als 600 Milliarden Dollar pro Jahr beträgt. Das sind unvorstellbare Summen, verwendet nicht etwa für soziale Zwecke, sondern für eine Tötungsmaschinerie. Gleich anschließend informierte der Deutschlandfunk, dass durch die Dürre in Südsudan, Äthiopien, Somalia und Jemen  23 Millionen Menschen auf UN-Nahrungshilfe angewiesen sind, um nicht an Hunger zu sterben. Und dass diese Hilfe 6,8 Milliarden Dollar kosten würde. Das wäre also gerademal 1 Prozent des US-Militärhaushalts.

Trump fordert darüberhinaus von unserer Regierung, als Nato-Partner endlich die Militärausgaben schneller zu erhöhen, obwohl diese bereits jetzt auf 37,14 Milliarden Euro pro Jahr geklettert sind. Sie sollen dalli dalli 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen. Und Ministerin von der Leyen signalisierte prompt Zustimmung, was mich fassungslos und tief traurig macht. Auch die 20 Atomsprengköpfe in der Eifel bei Büchel sollen modernisiert werden und die Bundeswehr mehr Befugnisse über A-Waffen erhalten. So als wäre der Atomwaffen-Sperrvertrag Makulatur. Zur gleichen Zeit legen die Wohlfahrtsverbände ihre neue Armutsstudie vor, die eine erhöhte Armutsrate trotz boomender Wirtschaft ausweist..

Das erneute Wettrüsten beginnt bereits. Der Volkskongress in Peking beschloss Chinas Rüstungsetat deutlich zu erhöhen. Die Rüstungsspirale beginnt sich zu drehen. Der Prozess der Aufrüstung verläuft heute weniger sichtbar, unbemerkter vollzieht sich die gesellschaftliche Militarisierung. Noch in den siebziger Jahren musste ich auf der Autobahn endlose Militärkolonnen überholen, bei schönem Wetter donnerten Starfighter über die Köpfe. Kriege werden heute mit weniger Soldaten, dafür mit Drohnen und neuen raffinierten technischen „Errungenschaften“ geführt. Konzerne wie Rheinmetall oder Krauss Maffei kennen sich da besser aus als ich.

Wie gerne würde ich, jetzt zum Frühlingsanfang, über etwas Schönes schreiben. Aber jede und jeder sollte das Wenige tun, was möglich ist.  Eine Gelegenheit bieten dafür die anstehenden Ostermärsche. Unter www.friedenskooperative.de/termine/ostermarsch sind die bundesweiten Termine für 2017 aufgelistet. Wenn viele das Lamento über ihre Machtlosigkeit beenden und nach ihren Möglichkeiten protestieren, wird vielleicht doch mein Traum wahr: Ich träume davon, nicht mehr gegen Mordwerkzeuge „marschieren“ zu müssen, sondern mich bei einem frühlingshaften Osterspaziergang à la Goethe an der Natur zu freuen. Man stelle sich das vor: Eine friedliche Welt mit weniger Waffen, eine Welt der Abrüstung, in der Kinder nicht mehr mit barbarischen Nachrichten aufwachsen. Frau von der Leyen, gönnen Sie das Ihren Enkeln!

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