Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist Chance und Herausforderung

Marburg 21.7.2017 (pm/red) Die Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt ist zugleich Chance und wie eine Herausforderung an viele Institutionen und Akteure. Fehlende Sprachkenntnisse oder Mobilität, bürokratische Hürden oder die Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes sind eine Seite. Die Einstellung und Ausbildungsbereitschaft von Industrie, Handel und Dienstleistungsbranche sowie vielfältige Unterstützungsangebote von KreisJobCenter, Agentur für Arbeit, Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften gehören dazu. 

Gemeinsam mit verschiedenen Akteuren habe man schon viel bewirkt, erläuterte der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow im Gespräch mit Vertreterinnen des Landkreises Marburg-Biedenkopf, der Universitätsstadt Marburg, der IHK Lahn-Dill und Kassel-Marburg, der Kreishandwerkerschaften Marburg und Biedenkopf sowie der Agentur für Arbeit. Sie berichteten über ihre Erfahrungen bei diesem wichtigen Thema.
 
„Der Glanz der Medaille darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir auch noch ein gutes Stück Arbeit vor uns haben, um die erreichten Ziele zu festigen“, sagte Zachow. Ein Schlüssel zum Erfolg sei die Sprache; ohne gute Sprachkenntnisse ließen sich Ausbildungsinhalte nicht oder nur schwer vermitteln. Als wichtige Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Arbeitsintegration nannte Zachow außerdem die Motivation und Flexibilität sowie ein junges Alter der Bewerber, deren Lernwilligkeit und Belastbarkeit sowie die Unterstützung durch Ehrenamtliche und auch flexible Behörden. Negative Einflussfaktoren seien hingegen eine ungeklärte Wohnungssituation, gesundheitliche Einschränkungen oder auch die Unerfahrenheit mit behördlichen Abläufen. „In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch selbstkritisch die Frage stellen, ob das Arbeitsförderungsrecht noch zeitgemäß ist oder ob wir noch flexiblere Instrumente brauchen“, merkte der Erste Kreisbeigeordnete an.
 
„Wir können von guten Erfolgen bei der Integration in Ausbildung und Arbeit berichten. Verbesserte Deutschkenntnisse und die Motivation vieler Flüchtlinge unterstützen die Integrationsarbeit der Arbeitsvermittler im Arbeitsmarktbüro für Flüchtlinge und Migranten“, unterstrich Gerhard Wenz, Bereichsleiter bei der Agentur für Arbeit in Marburg. Wenn kulturelle Unterschiede oder sprachliche Defizite das Zustandekommen einer Ausbildungsstelle oder Arbeitsstelle verhinderten, blieben die Akteure trotzdem am Ball – ein neuer Praktikumsplatz werde gesucht und dem Arbeitgeber werde ein neuer Bewerber vorgeschlagen, erläuterte Wenz. „Die gute Arbeitsmarktsituation hilft aktuell allen.“
 
Kreishandwerksmeister Rolph Limbacher betonte, dass die Bereitschaft gerade der kleinen und mittleren Familienunternehmen im Handwerk, Flüchtlinge mit Bleibeperspektive auszubilden und zu beschäftigen, ungebrochen sei. „Bei der Ausbildung und Berufsvorbereitung stellen jedoch die geringen Deutschkenntnisse der jungen Menschen die größte Herausforderung dar. Das Handwerk engagiert sich mit großem Einsatz bei der Integration von Flüchtlingen, um auch seinen Bedarf an vollqualifizierten Fachkräften zu decken. Eine kurzfristige, auch durch Teilqualifikationen unterstützte Arbeitsmarktintegration bietet aber weder aus Sicht der Betriebe noch aus der Perspektive der Zugewanderten einen mittel- bis langfristigen Mehrwert“, sagte Limbacher. Eine ganzheitliche Ausbildung erlaube dagegen ein bedarfsgerechtes und nachhaltiges Angebot. „Denn das Handwerk ist auf Fachkräfte mit beruflicher Handlungskompetenz angewiesen, die auch bei wechselnden Betätigungsfeldern einsetzbar sind. Das Handwerk steht weiterhin bereit und bietet greifbare Perspektiven“, machte der Kreishandwerksmeister deutlich.
 
„Viele Unternehmen im Kammerbezirk machen sich bereits stark für die Ausbildung und Qualifizierung von Flüchtlingen und sie gehen mit gutem Beispiel voran. Die Integration Geflüchteter in unsere Gesellschaft und Arbeitswelt bringt nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen für Betriebe und die Wirtschaftsregion Lahn-Dill mit sich“, erklärte Janine Hermann, Willkommenslotsin der IHK Lahn-Dill (gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie). Der größte Teil der Hierhergekommenen stehe bei entsprechender Förderung als Arbeitskraft für die regionale Wirtschaft zur Verfügung und könne zumindest einen Teil dazu beitragen, den Mangel an Fachkräften und Auszubildenden zu reduzieren. „Die Anstrengungen dafür lohnen sich daher eindeutig für beide Seiten“, war sich Janine Hermann sicher.
 
Manuel Siemes von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg, erläuterte, dass derzeit vielfach noch Hemmnisse für die Beschäftigung von Flüchtlingen bestünden. Dies sei vor allem auf die fehlenden Deutschkenntnisse zurückzuführen. „Sprache ist die Basis für eine Beschäftigung – schon für eine Einarbeitung ohne Kundenkontakte ist ein gewisser Wortschatz an Deutschkenntnissen unumgänglich“, sagte Siemes. Er stellte heraus, dass immer mehr Unternehmen auch positive Erfahrungen mit der Beschäftigung von Flüchtlingen machen würden. Er machte zudem deutlich, dass die Arbeitsmarktintegration ist ein wichtiger Baustein zur Fachkräftesicherung sei. Die Beschäftigung von Geflüchteten sichere daneben die Vielfalt in der Belegschaft. „Gute Erfahrungen haben wir mit einem gestuften Einstieg in die Praxis gemacht. Hierzu zählen Kurzhospitationen, Betriebspraktika und Einstiegsqualifizierung. Auf diese Weise lernen sich Betrieb und Geflüchtete vorab kennen und können besser informiert in die Ausbildung einsteigen. Wir freuen uns, dass sich viele Unternehmen auf dem Feld engagieren, Zeit und Arbeit investieren und sich dieser neuen Zielgruppe am Arbeitsmarkt öffnen.“, so Siemes.
 
Der Erste Kreisbeigeordnete machte deutlich, dass die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ein dynamischer Prozess sei. „In diesem Prozess gibt es keine Standard-Schablone, die in allen Fällen gleichermaßen passt. Uns allen ist klar, dass wir in diesem Prozess lernen und immer wieder an verschiedenen Stellschrauben drehen müssen, damit die Medaille nicht an Glanz verlieren.“
 

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