Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Die Vergessenen: In einer Selbsthilfegruppe ist Man(n) nicht allein

Hans-Werner Biehn, Foto privat

Marburg 27.3.2018 (red/sr) Hans-Werner Biehn nimmt kein Blatt vor den Mund. Er bringt Tabu-Themen in die Öffentlichkeit, in die Politik, sogar bis hinein in den Hessischen Landtag. Biehn ist Leiter der Prostatakrebs Selbsthilfegruppe Marburg. Allein mit Gesprächsrunden geben sich die Gruppenmitglieder nicht zufrieden, sie wollen etwas bewegen.
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung unter den deutschen Männern. Jährlich erkranken 60.000 Männer neu. Bei frühzeitiger Diagnose kann Prostatakrebs meist geheilt werden. „Deshalb sind Vorsorgeuntersuchungen so wichtig“, sagt Biehn. Die Therapie müsse individuell auf den einzelnen Patienten und seine Lebenssituation abgestimmt werden. Die Entscheidung für die optimale Behandlung hänge im Einzelfall von Tumorstadium, Alter, Begleiterkrankungen und anderen Faktoren ab.

Vor diese komplexe Entscheidung gestellt, beschloss Biehn, die Prostata Selbsthilfegruppe Marburg zu besuchen. „Ich wollte mehr über die Erfahrungen anderer Erkrankter mit den verschiedenen Therapiemöglichkeiten wissen“, erzählt er. Die Gruppe existiert seit 1999, trifft sich wöchentlich, organisiert darüber hinaus Vorträgen, Fahrten, Feiern, Patientenvertretung, eine interdisziplinäre Sprechstunde am Prostatakrebszentrum Marburg und einiges mehr. Die Solidarität, die Biehn in der Gruppe erfahren hat, hat ihn zum Bleiben ermutigt. Vor fünf Jahren hat er die Gruppenleitung übernommen.

Die Prostatakrebs Selbsthilfegruppe will die Möglichkeit zu Information und Austausch persönlicher Erfahrungen schaffen, nicht nur zwischen neu und länger Erkrankten, auch zwischen Betroffenen und Angehörigen. „Eine Selbsthilfegruppe bietet den Raum, ganz persönliche Probleme offen anzusprechen“, erklärt Biehn. „Aber auch die Arbeit nach außen hin ist uns wichtig.“ Die Gruppe informiert durch Vorträge von namhaften Fachleuten und versucht politischen Einfluss zugunsten der an Prostatakrebs Erkrankten zu nehmen.

Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen sind nur ein Problem, von dem die Prostatakrebspatienten betroffen seien. „Er herrscht ein regelrechter Verdrängungswettbewerb“, erklärt Biehn. „Krebs und andere tödliche Krankheiten werden negativ assoziiert, werden als weniger wichtig eingestuft als andere Krankheiten und als andere Politikbereiche.“ Biehn fordert, den Blick nicht nur auf aktuell aufflammende politische Herausforderungen zu legen. Die Politik dürfe auch die Integration von Randgruppen wie Altmigranten, schwerbehinderten und altersarmen Menschen nicht vergessen.

Zu den Vergessenen zählt er auch sich selbst, aber stillschweigend nehmen er uns seine Gruppe diesen Umstand nicht hin. Die Prostatakrebs Selbsthilfegruppe setzt sich beispielsweise seit mehreren Jahren für einen Marburger „Toilettenpfad“ ein. „​Auch Menschen mit Kontinenzproblemen sollte die Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichst werden“, fordert Biehn. „Im öffentlichen Raum muss leicht ersichtlich sein, wo das nächste WC ist.“ Bisher blieben die Bemühungen jedoch erfolglos. Die neuste Initiative der Selbsthilfegruppe: Hygienebehälter in den Herrentoiletten, um Hilfsmittel diskret entsorgen zu können.

Biehn legt viel Wert auf Netzwerkarbeit, bezieht Familienangehörige in die Arbeit der Gruppe ein, arbeitet im Landes- und Bundesverband der Prostata Selbsthilfe sowie verschiedenen Arbeitskreisen mit. Die Gruppe kooperiert mit Forschungs- und Gesundheitszentren, ist beispielsweise Kooperationspartner des Prostatakrebszentrums Marburg. Das hat den Vorteil, dass die Mitglieder immer auf dem neusten Stand der Forschungsergebnisse sind. „So können wir mit den Ärzten auf Augenhöhe zusammenarbeiten“, erklärt Biehn. „Wir können neu Erkrankten eine umfassende Beratung bieten und Alterkrankte über neue Therapiemöglichkeiten informieren“

1. Marburger Selbsthilfetag
Am 7. April, dem Weltgesundheitstag, findet ab 13 Uhr der 1. Marburger Selbsthilfetag unter dem Motto „Selbsthilfe im Wandel“ im Erwin-Piscator-Haus statt. Neben einer offenen Podiumsdiskussion zum Thema Selbsthilfe und einer Lesung von Buchautor Bernd Mann werden zahlreiche Selbsthilfegruppen über ihre Angebote informieren. Die Veranstaltung richtet sich an alle, die sich für Selbsthilfe interessieren, unabhängig davon, ob sie selbst eine persönliche Verbindung zum Thema haben. Veranstalter sind die Selbsthilfekontaktstelle Marburg sowie Arbeit und Bildung e.V. Finanziert wird die Kampagne von der Stadt Marburg.

Kontakt
Hans-Werner Biehn
Prostatakrebs Selbsthilfegruppe Marburg
Westerwaldstraße 3, 35043 Marburg
Telefon: 0 64 21 / 793 62
E-Mail: bps.marburg@outlook.com
Internet: www.bpsmarburg.weebly.com

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