Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

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„Café Trauma im g-Werk“ protestiert in Offenem Brief gegen geplanten Verkauf des Afföllergeländes durch die Stadt Marburg

Marburg, 08.04.2019 (red) Am Donnerstag soll bereits in einer Stadtverordnetensitzung über den Verkauf des Geländes der Stadt <Marburg an den Afföllerwiesen bereiten und womöglich entschieden werden. Das Marburger. hat dazu bereits berichtet. Jetzt wendet sich das „Café Trauma im g-Werk“ als Betreiber des Soziokulturellen Zentrums mit Kino, Konzerten und Café an die Stadtverordneten und die Öffentlichkeit.

Offener Brief zum geplanten Verkauf des städtischen Geländes an den Afföllerwiesen

Sehr geehrte Stadtverordnetenversammlung, liebe Interessierte,
in einer Stadt, von der manche sagen, dass in ihr alles immer sehr langsam und gemächlich geht, werden nun Beschlüsse aus dem Stegreif forciert. Zunächst ist dabei zu bemerken, dass wir das Vorurteil grundsätzlich anders sehen: Marburg ist belebt, vielfältigst und äußerst dynamisch. Wenn Entscheidungen hier einmal länger dauern, dann vor allem, weil sie gründlich geprüft und nicht sorglos gefällt werden. Dennoch wird nun eine Entscheidung überstürzt: Der Verkauf des Parkplatzes am Afföller, an die MPG, eine bisher noch nicht öffentlich in Erscheinung getretene Stiftung der DVAG, die Auskunftsersuche der Presse zu den Gesellschafterinnen, aus ‚Datenschutzgründen‘ verweigert. Von der öffentlichen Bekanntmachung der Pläne und den in diesem Zusammenhang kurzfristig vereinbarten Gesprächen mit dem Café Trauma und den anderen Anliegern das geplanten Areals, bis zur geplanten ersten Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung liegen nicht einmal vier Wochen.Dabei begrüßen wir grundsätzlich die Überlegungen, das Gelände am Afföller baulich zu erweitern. Eine Aufwertung des innenstadt- und bahnhofsnahen, verkehrstechnisch gut angebundenen und interessanten Baugebietes ist dabei nach unserer Sicht von breitem gesellschaftlichen Interesse. Unserer Meinung nach kann es jedoch keinesfalls eine Lösung sein, wenn die Stadt Marburg, statt eine eigene Planung für das Gelände zu finden, dieses Areal nun an private Interessenten verkauft.

Die befürchtete Kollision mit uns, den ansässigen Kulturträgern, Proberäumen und Anwohnerinnen des Areals, ist dabei selbstverständlich nicht unerheblich. Selbst wenn diese Befürchtungen zunächst außer Acht gelassen werden, ist der erneute Verkauf städtischer Flächen an die immer gleichen Investoren der falsche Weg. Zumal auch die Pläne selbst, der Bau eines Alten- und Pflegeheims, zwischen Kulturzentrum, Parkplatz und viel befahrener Bundesstraße grundsätzlich zu hinterfragen sind.

Die Notwendigkeit von ausreichenden Wohnplätzen auch für ältere Menschen in Marburg ist unbestreitbar, den geplanten Bau als eine Lösung für dieses Problem zu sehen, jedoch kurzsichtig. Vielmehr kann davon auszugehen sein, dass die bereits bestehenden Räumlichkeiten der
Pflegeeinrichtung ‚Rosenpark Med‘, einer Altersresidenz für Wohlhabende, nach dem Neubau für andere, noch lukrativere Zwecke umgebaut werden, der Zugewinn also nicht an Wohnraum, sondern vor allem an Vermögen der DVAG bestehen wird. Gleiches gilt für Parkplätze bei denen nur sichergestellt werden soll, dass sie durch das Parkhaus nicht weniger werden.

Das Open-Eyes Kurzfilm-festival gehört zu den festen Größen im jährlichen Veranstaltungsprogramm auf den Afföllerwiesen und übt Anziehung auf viele Filmemacher aus, gerade von auswärts. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Selbstverständlich befürchten wir natürlich auch erhebliche Komplikationen durch die geplante Bebauung, jedoch nicht nur für uns. Wir leben aktuell in einem sehr guten Verhältnis mit unseren Nachbarn, das auf gegenseitiger Toleranz, Akzeptanz und Rücksichtnahme basiert. Große Open-Air Veranstaltungen, wie bspw. das jährlich stattfindende OpenEyes Filmfest, werden mittlerweile mit allen Parteien zusammen im
Vorfeld besprochen, maximale Lautstärken festgelegt und eingehalten. Gleiches gilt für jegliche Art von Parties, Konzerten, den Proben der über hundert Personen im Musiker*innenhaus und anderen tendenziell ‚lauteren‘ Veranstaltungen. Nicht zuletzt zog das g-Werk damals als neue
Partei an einen bereits bewohnten Ort.

Dass das Gebiet nicht einfach, von dem im Bebauungsplan aktuell festgelegten Mischgebiet mit den entsprechenden Regelungen (u.A. zum Lärmschutz) auf ein Kurgebiet umklassifiziert werden kann,entspricht nach unserem Kenntnisstand zwar der Rechtslage, dennoch sehen wir – ist das Gelände einmal verkauft – es lediglich als eine Frage der Zeit an, bis man sich nach einer Vielzahl von Rechtsstreiten, der finanziellen Machtposition der DVAG und ihren Tochtergesellschaften in vielen Aspekten wird beugen müssen.

Wenn die Vereinbarung, „dass die bestehenden Kultureinrichtungen in ihrer bisherigen Tätigkeit durch eventuelle Veränderungen, die sich durch eine Veräußerung des angrenzenden Grundstücks ergeben könnten, nicht eingeschränkt und dass bestehende Rad- und Fußwegeverbindungen nicht beeinträchtigt werden“,  so eingehalten werden soll, wird dies nur durch enorme kostenintensive Umbauten an den bestehenden Gebäuden, [Trauma, Baari-Bar, Theater neben dem Turm (TNT) und Musikerinnen-Haus] möglich sein.

Wir bezweifeln, dass entsprechende nötige bauliche Maßnahmen und Nachbesserungen auch in 5-10 Jahren noch Teil einer vertraglichen Vereinbarung mit der DVAG/MPG sein können oder sein werden. Langfristig, so befürchten wir, wird also nach dem Verkauf des Geländes entweder mit enormen Kosten für die Stadt zu rechnen sein oder letztendlich, wenn auch nicht sofort, mit dem stückweisen Verkauf der kompletten Afföllerwiesen und dem Abriss eines der letzten Industriedenkmäler Marburgs.

Dass Denkmalschutz dabei nicht im Sinn der DVAG ist, hat man 2010/11 anschaulich am Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes in der Rosenstraße 9 sehen können, das anschließend durch eine aufgesetzte Historismus-Fassade ersetzt wurde.

Wir sind uns darüber im Klaren, dass das g-Werk trotz seiner großen Bedeutung für die Attraktivität und Kultur Marburgs manchmal nicht unumstritten ist. Den Ratschlag für eine glänzende Fassade von der oben erwähnten Besonnenheit abzuweichen und sich zunächst erst einmal grundsätzlich die Frage zu stellen, warum und wie oft eine Stadt noch bereit ist, attraktive Flächen zu verkaufen und in die Planungshoheit Dritter zu übergeben statt selbst gestalterisch aktiv zu werden, sollten auch unsere sonstigen Kritikerinnen ernst nehmen.

Aufgrund von forcierten Entscheidungen im Wochenrhythmus, drängt sich allerdings die umgekehrte Frage auf, ob eine gründliche, kritische und verlässliche Auseinandersetzung und Planung in diesem Zusammenhang überhaupt erwünscht ist. Wir fordern deshalb noch einmal ausdrücklich, gut durchdachte und nachhaltige Entscheidungen für die Entwicklung am Afföller und stehen natürlich auch gerne für etwaige Planungen mit der Einbeziehung aller Parteien zur Verfügung.
Café Trauma

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