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Demokratiezentrum Paulskirche – Architekturmuseum stellt „Salons der Republik“ aus

Blick auf die republikanische Treppe und die Paulskirche | Sandra Voss/Holger Kleine/HSRM

25.06.2021 Gastbeitrag von Ursula Wöll Die Architekten besinnen sich auf die gesellschaftliche Bedeutung ihres Tuns. Sie achten immer öfter auf umweltverträgliches Bauen, die traditionellen Baustoffe Lehm und Stroh kommen zu neuen Ehren. Sie erkennen auch den Einfluss der gebauten Umwelt auf unser Befinden. Architektur ist soziale Infrastruktur. Die StudentInnen der Hochschule RheinMain entwarfen „Räume“, die unsere Dialogfähigkeit fördern sollen. Ihnen schwebten Orte vor, die öffentlich und privat zugleich sind. Dabei waren die historischen „Salons“ um 1800 Leitbilder. In ihnen trafen sich Männer und Frauen aus dem adligen und bürgerlichen Milieu, um miteinander zu debattieren. Das Architekturmuseum Frankfurt stellt die  studentischen Entwürfe daher unter dem Titel „Salons der Republik“ aus.

Demokratie ohne Debatten? Unmöglich
Das Projekt „Salons der Republik“ der Hochschule RheinMain in Wiesbaden wurde von Professor Holger Kleine betreut. Er betont im Katalogbuch, wie wichtig Gespräche für das Funktionieren einer Demokratie sind. Meinung trifft auf Gegenmeinung, nur so kann sie sich überprüfen, also bestätigen  oder korrigieren. Eine solche Debattenkultur kann sich natürlich nur bei gegenseitiger Wertschätzung entwickeln. Kleine meint, dass unser heutiges politisches Klima geprägt ist vom Schwinden der Dialogfähigkeit. Kleine will die schwächelnde Debattenkultur stärken, indem er sie architektonisch unterstützt.

Aber kann Architektur eine derart wichtige Rolle für das Lernen von Dialogfähigkeit spielen? Sie soll Orte schaffen, die atmosphärisch zwischen Privatheit und Öffentlichkeit changieren, um überhaupt eine milieuübergreifende Kommunikation zu ermöglichen. Zwei Modelle werden im Architekturmuseum vorgestellt, die von den StudentInnen für Berlin und für Frankfurt entworfen wurden. In den Entwürfen stecken viele hundert Gesprächsstunden, sie praktizierten daher bereits das, wofür sie gut sein sollen, eine produktive, respektvolle, lustvolle Debatte.

Treppenskulptur Paulskirche
Hier soll nur auf das Modell für Frankfurt eingegangen werden. Weil uns der Ort wohl geläufiger ist als derjenige vor dem Berliner Bundestag. Und weil die Paulskirche geradezu ein Symbol für eine republikanische Demokratie ist. „Die Wiege der deutschen Demokratie“, nannte sie Kennedy 1963 bei seinem Besuch. Hier versammelten sich 1848 die Abgeordneten der Nationalversammlung, um eine Verfassung zu diskutieren. Die historische Paulskirche brannte 1944 nach Bombenangriffen aus. Die heutige Paulskirche ist eine nach dem Krieg authentisch wieder aufgebaute, was ihren Symbolwert nicht schmälert. Das gilt auch für den Misserfolg der Nationalversammlung, die 1849 auseinandergetrieben wurde.

Blick vom Römerberg auf die Republikanische Treppe I Sandra Voss/Holger Kleine/HSRM

Die StudentInnen bezogen also dieses Gebäude nahe dem Römerberg in ihren Entwurf eines Salons der Republik ein. Direkt neben der Kirche entwarfen sie eine riesige Treppe. Sie soll für alle zugänglich sein und könnte in ihrer Öffentlichkeit eine Ergänzung zu dem Parlamentssaal im Kircheninneren bilden. Ein Salon unter freiem Himmel sozusagen, der keine Schwellenangst erzeugt. Die Treppenskulptur „lädt ein auf den ersten Blick, nicht erst nach Öffnen einer Eingangstür“, heißt es im Katalogbuch.

 Kritik der Treppenskulptur
Im Jahr 2023 wird die 175. Wiederkehr von 1848 groß gefeiert werden. Dafür plant man bereits bauliche Sanierungen oder Ergänzungen. Warum also finde ich bei der studentischen Treppenskulptur ein Haar in der Suppe? Weil für sie offenbar der kleine Platanenhain geopfert werden soll. Es gibt doch sicher eine Möglichkeit, diesen in den Ort für Debatten einzubeziehen?

Blick auf den Paulsplatz I Sandra Voss/Holger Kleine/HSRM

Im Katalogbuch wird die Treppe zum Erkennungszeichen Frankfurts hochstilisiert: „Was die Spanische Treppe für Rom ist, könnte die Republikanische Treppe für Frankfurt sein“. Auch mir fiel spontan Italien ein: Kürzlich las ich den Roman „Der Baron auf den Bäumen“ von Italo Calvino. Der berühmte Schriftsteller lässt den Baron ausschließlich auf Bäumen wohnen und von dort aus auch debattieren. Man denkt dabei sofort an unsere historischen Tanzlinden mit einem Bretterboden auf ihren waagrecht gezogenen Ästen, auf dem kräftig getanzt, musiziert und geredet wurde. Mit etwas Phantasie könnte man mit Platanen etwas ähnliches anstellen und deren Leben dadurch retten. Und sicher gewinnen die Argumente in den Debatten an Qualität, wenn sie von angenehmem Grün rundum beflügelt werden.

Katalog Holger Kleine (Hg.) Die Salons der Republik – Räume für Debatten, Jovis-Verlag 22 Euro

Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt,  Schaumainkai
vom 17. Juni bis 15. Juli (Galerie im EG)
‚Straße, Internet, Salon – (k)ein Raum für Debatten?‘ Podiumsdiskussion 13. Juli 19 Uhr
Anmeldung für alle Veranstaltungen unter www.hs-rm.de/dialog-im-museum

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