Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Philosoph und Antisemit Jakob Friedrich Fries: Wie umgehen mit einem schwierigen Erbe?

Der Philosoph Jakob Friedrich Fries (1773-1843) zählt heute zwar nicht zu den Klassikern der Philosophie, gilt jedoch als einflussreicher Vertreter des deutschen Kantianismus bzw. Nachkantianismus. Gleichzeitig trat Fries, der viele Jahre in Jena lehrte, als Autor einer antisemitischen Hetzschrift hervor. In seiner 1816 publizierten Polemik „Ueber die Gefährdung des Wohlstandes und Charakters der Deutschen durch die Juden“ finden sich deutlich judenfeindliche Äußerungen und sogar Aufrufe zur Vernichtung, Vertreibung, Stigmatisierung. Dennoch wird Fries in Jena in vielfältiger Weise geehrt, was inzwischen Diskussionen ausgelöst hat bis hin zu einem Wettbewerb wie eine Büste von Fries umgestaltet werden kann.

So gibt es im Norden der Stadt einen Friesweg, und ein Denkmal in der sogenannten „Via triumphalis“ am Fürstengraben erinnert an den Philosophen. Im Hörsaal Z1 des Instituts für Philosophie wurde zudem noch im Oktober 2000 eine Fries-Büste aufgestellt. Auf Initiative Studierender wurde die Büste gut 20 Jahre später – im Februar 2020 – verhüllt. Auf der gerade freigeschalteten komplexen Website www.erinnerngestalten.uni-jena.de wird nun die Debatte um Fries aufgearbeitet, weitergeführt und öffentlich gemacht. Einmischung sei ausdrücklich erwünscht, wird mitgeteilt.

Ein klares „richtig“ oder „falsch“ in der Debatte kaum möglich
„Wir erleben eine sehr lebendige Auseinandersetzung in dieser Sache“, sagt Prof. Dr. Andrea Esser vom Institut für Philosophie. Der Streit um die antisemitischen Äußerungen von Fries und die Ehrungen des Philosophen weise weit über die Person Fries hinaus; einfache Antworten auf die Frage, wie mit diesem problematischen Erbe umzugehen ist, seien nicht möglich. Um fundierte Meinungen in dieser Sache zu ermöglichen, haben Prof. Esser und ihre Mitarbeiterin Dr. Peggy H. Breitenstein zwei Forschungsseminare angeboten, die zugleich auf langjährigen Überlegungen und Projekten zur Frage „Wie umgehen mit Rassismus, Sexismus, Antisemitismus in Werken der Philosophie?“ aufbauen konnten.

Forschungsseminare statt simples Cancel Culture
Im ersten Seminar (Sommersemester 2020) ging es vorrangig um die philosophischen Schriften Fries‘, den Umgang mit seinen antisemitistischen Schriften sowie das Verhältnis von Werk und Autor. Im zweiten Forschungsseminar (Wintersemester 2020/21) standen die Möglichkeiten einer kritischen Erinnerungskultur und öffentliche Verhandlungen eines „kulturellen Gedächtnisses“ im Blickpunkt.

Dokumentation auf Webseite
Für Dr. Peggy H. Breitenstein dokumentiert die neue Website einen Prozess, dessen Ausgang weiterhin offen ist: „Soll die Büste verschwinden? Soll sie ersetzt oder vielleicht sogar umgestaltet werden?“ Die Seite dokumentiert die aktuellen Kontroversen um die Fries-Ehrungen in Jena. Dort kommen Befürworter der Verhüllung der Büste ebenso zu Wort wie Gegner. Auch um die Bewertung der philosophischen Schriften Fries‘ geht es.

Denkmäler in der Erinnerungskultur
Immerhin steht die Büste des Philosophen neben denen von Fichte, Schelling, Hegel und Frege. Darüber hinaus wird auf der Website die Frage diskutiert, welche Bedeutung Denkmäler überhaupt im Rahmen unserer Erinnerungskultur spielen und welche Facetten des Gedenkens es gibt. Zu guter Letzt steht der Aufruf an die Öffentlichkeit, sich einzumischen und mitzugestalten. Unter dem Leitmotiv „Überlagern und sichtbar machen“ werden konkrete ästhetische Umgestaltungsvorschläge gesucht.

Ideen zu einem Umgang mit der Fries-Büste werden erbeten bis zum 15. September 2021 an die E-Mail-Adresse fries-ausschreibung@uni-jena.de. Die Ergebnisse des Wettbewerbs sollen gemeinsam mit der neuen Webseite am 1. Oktober 2021 in der Reihe „Kein Schlussstrich“ der Öffentlichkeit präsentiert werden, informiert die Friedrich-Schiller-Universität.

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