Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Lebhafte Diskussion zum Kinderförderungsgesetz – Betroffene wollen Widerstand organisieren

dbau_0001-Anhoerung Hess.KinderfoerderungsgesetzMarburg 14.1.2013 (yb) Der Saal des Martin-Luher-Hauses konnte in der vergangenen Woche nicht allen BesucherInnen einen Sitzplatz bieten bei der Informationsveranstaltung über das seit Dezember im Landtag in Beratung befindliche Hessische ‚Kinderförderungsgesetz‘. Der Einladung mittels Briefanschreiben des Marburger Landtagsabgeordneten Thomas Spies (SPD) waren mehr als 150 Interessierte, darunter viele Erzieherinnen, Leiterinnen von Kindergärten, Verantwortliche von KiTa-Einrichtungen und mehrere Bürgermeister aus dem Landkreis gefolgt. So wurden die 90 Minuten zu einer kompakten Veranstaltung, in der Fragen, Kritik und Unzufriedenheiten sich deutlich artikulierten und in gemeinsame Überlegungen zu erfolgversprechenden Möglichkeiten politischen Widerstands zu dem schwarz-gelben Vorhaben in Wiesbaden einmündeten.

Nach kurzer Begrüßung und Einführung in das Thema durch Gastgeber Spies stellt dessen Landtagskollege Gerhard Merz (Gießen) als sozialpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion seine Positionen vor. Merz berichtete eingangs von einer Veranstaltung im Dezember in Gießen, zu der bereits über 70 Interessierte erschienen waren. Die von den Betroffenen – ob als Eltern oder beruflich damit befasste ErzieherInnen – inzwischen zum Ausdruck gebrachte Kritik und solch überragend großes Teilnehmerinteresse wie in Marburg, würde ihn ermuntern eine „Option für eine Massenbewegung für die Belange frühkindlicher Bildung und Erziehung“ zu sehen.

MdL Thomas Spies, links,  und MdL Gerhard Merz waren schnell im Austausch mit einem informierten und interessiert-kritischen Publikum gefordert. Foto Hartwig Bambey

MdL Thomas Spies, links, und MdL Gerhard Merz waren schnell im Austausch mit einem informierten und interessiert-kritischen Publikum gefordert. Foto Hartwig Bambey

Der Gießener Landtagsabgeordnete referierte als wesentlichen Kritikpunkt eine unzureichend bleibende finanzielle Beteiligung des Landes Hessen an den Einrichtungen zur frühkindlichen Erziehung. „Der vorliegende Gesetzesentwurf moblisiert keinen zusätzlichen Euro“, sagte er. „Nach Einschätzung aus den Reihen der Verbände könnte es sogar dazu kommen, dass weniger Geld von Land kommt.“ Der in Zukunft gewollte Finanzierungsmechanismus pro betreutes Kind trage eine Aufforderung zum betriebswirtschaftlichen Denken und Handeln für die Träger in sich. Zukünftig sei ein maximaler Personaleinsatz nur bei randvollen Gruppen mit 25 Kindern im Kindergarten noch möglich. Demgegenüber sei die bestehende Orientierung an Gruppen, in denen nun einmal die konkrete Arbeit stattfinde, mit einer möglichen Größe von 15 bis 25 Kindern sinnvoller. Zudem werde ein Druck geschaffen in Richtung kürzerer Betreuungszeiten, was weder den Interessen von Kindern noch Eltern gerecht werde. Die vorgesehene Quote zum Einsatz 20 Prozent Nicht-Fachkräften schaffe mehrere Probleme. Die Qualität der Arbeit werde davon ebenso bedroht, wie die Attraktivität des sowieso schon unterbezahlten Erzieherberufs darunter leiden werde, meinte Merz. Bei Aufwendungen von insgesamt rund einer Milliarde Euro für vorschulische Einrichtungen in Hessen bezeichnete er den Landesanteil von etwa 150 Millionen als deutlich zu niedrig.

Ablehnende Stimmen und Unzufriedenheit beim Publikum

Nach einigen Fragen zu Inhalten der Gesetzesinitiative von CDU und FDP wurden zahlreiche Bedenken, Einwendungen und ablehnende Kritik aus den Reihen der Besucher/innen artikuliert:

  • Einem behindertes Kind, heute mit Anrechnung von 36 Stunden unterlegt,  könne zukünftig kein angemessener Platz mehr geboten werden. Anstelle von Inklusion drohe (erneute) Ghettoisierung von Kindern mit Handicaps.
  • Die Lektüre des Gesetzesentwurfs offenbare in „ihrem einleitenden Gesülze eine Beleidigung für unseren Intellekt“.
  • Es drohen mit neuem Finanzierungsmodell Konflikte mit genehmigten Betriebsgrößen, wofür nun einmal räumliche Gegebenheiten gebaut wurden und nicht einfach veränderbar seien.
  • Mit zu befürchtenden Einschränkungen bei den Betriebszeiten aus Kostengründen komme eine Einschränkung der Flexibilität auf Seiten der Eltern, „geradezu so als ob Frauen zurück an den Herd sollen“.
  • Das vorgelegte Kinderförderungsgesetz sei ein Schlag ins Gesicht von bestehehenden Einrichtungen mit Öffnungszeiten von 7.00 bis 17.00 Uhr. Solch sinnvolle und notwendige Zeiten sein zukünftig nicht mehr leistbar.
  • Kleinere Einrichtungen auf dem Land geraten durch die neuen Vorgaben und Modalitäten unter finanziellen Druck, womit zudem wohnortnahe Angebote gefährdet würden.

dbau_0018-Publikumsdiskussion

Fragen nach der Finanzierung und gemeinsamen Aktionen

Es wurde schließlich in mehreren Beiträgen die Frage aufgeworfen, was und wie denn gemeinsam gegen die Verabschiedung dieser Gesetzesinitiative unternommen werden könne. Doch vorher kamen konkrete Nachfragen zur Finanzierung.

„Sie haben auf die kommende Landtagswahl verwiesen“, sagte eine Besucherin. „Wie will und wird es denn die SPD anders und besser machen?“, wollte sie konkret erfahren. Zur Antwort sah sich Thomas Spies als Initiator der Veranstaltung gefordert. Spies hielt mit einer klaren Aussage nicht hinter dem Berg. „Wenn wir Regierungsverantwortung in Hessen übernehmen, kommt eine Drittel-Finanzierung“, sagte er. „Ein Drittel der Kosten der Bund, ein Drittel das Land Hessen und ein Drittel die Kommunen“ lautete seine eindeutige Ansage. Damit würde vom Land deutlich mehr geleistet als gegenwärtig, „wo mit rund 150 Millionen Euro der Landesanteil deutlich geringer liegt. Nicht vergessen gehen sollte dabei, dass das Land den Kommunen im Rahmen des ‚Kommunalen Finanzausgleichs‘ mehrere Hundert Millionen abgenommen habe“, fügte Spies hinzu und sagte weiter, dass „nicht einmal solche Städte und Gemeinden, die den ‚kommunalen Rettungsschirm‘ des Landes Hessen in Anspruch nehmen, dafür einen vollen Ausgleich erhalten.“

Die Leiterin einer Kindertagseinrichtung informierte, dass sie begonnen habe Unterschriften zu sammeln. Es wurde die Frage nach Formulierung und Vorbild einer Unterschriftenliste gestellt, —-> die von der Fragerin im Internet leicht gefunden werden kann.  So wurde abschließend über den Zeitplan im weiteren Gesetzgebungsverfahren informiert, der nun einmal an diesem bemerkenswerten Abend die lebhaft ins Gespräch gebrachten möglichen gemeinsamen Protestaktionen vorbestimmt:

  • Demnach gibt es am 7. März eine mündliche Anhörung im Landtag
  • die zweite Lesung voraussichtlich im April 2013
  • die dritte Lesung mit geplanter Verabschiedung im Mai 2013.

—> Bericht in das Marburger. mit Stellungnahmen von Gewerkschaften und Verbänden

 

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