Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Krebstherapie am Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum erfolgreich – Anlage des MIT seit einem Jahr in Betrieb

Marburg 19.12.2016 (pm/red)  Seit Oktober 2015 werden im Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum mit Partikelstrahlen behandelt. Vom erfolgreichen Start und Einsatz wurde im Rahmen eines Pressetermins vor Ort berichtet.

Prof. Jürgen Debus und Professoring Rita Engenhart-Cabillic berichteten von einem erfolgreichen ersten Jahr Ionenstrahltherapie am MIT Marburg. Foto MIT

Die Partikeltherapie mit Protonen und Kohlenstoffionen ergänze damit seit 2015 als weiterer wichtiger Baustein die onkologischen Behandlungsmöglichkeiten und die Krebsforschung in Marburg. Sie sei hochwirksam und bietetPatienten mit bisher schwer beherrschbaren Tumoren neue Behandlungsmöglichkeiten. Das Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT) in Marburg ist eine von drei Anlagen europaweit, die diese modernste Form der Strahlentherapie anbieten kann. Bisher wurden im klinischen Betrieb 170 Patienten vorwiegend mit Hirntumoren, Kopf-Halstumoren, Sarkomen, Prostatakrebs und Pankreaskarzinomen behandelt.

Ebenfalls erfolgte die Behandlung von Tumorerkrankungen bei Kindern, welche seit November 2016 auch bei Säuglingen & Kleinkindern in Narkose möglich ist. Damit wurde das Jahresziel, das sich das MIT gesetzt hatte, übertroffen.

Vorteile der Partikeltherapie
Mit einer Partikeltherapie können schwer zugängliche oder sehr resistente Tumoren effektiv behandelt werden. Dabei werden die Wasserstoffionen oder Kohlenstoffionen durch eine große Beschleunigeranlage auf Geschwindigkeiten von bis zu 75 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Der Teilchenstrahl wird exakt auf den Tumor fokussiert.
Durch den Einsatz von Partikelstrahlung ist es insbesondere möglich, die gesamte zur Behandlung erforderliche Strahlenenergie im (Tumor-)Gewebe am Ende der Reichweite der Teilchen, im sogenannten „Bragg-Peak“,zu deponieren.

Die Position des Bragg-Peaks im Gewebe wird dabei über die Teilchenenergie gesteuert. Hinter diesem Energiepeak fällt die Bestrahlungsdosis praktisch auf null ab. Auch im Eingangskanal beträgt die Strahlendosis nur rund ein Fünftel der im Bragg-Peak abgegebenen Maximaldosis und ist somit deutlich geringer als bei der konventionellen Bestrahlung.

MIT-Anlage Marburg mit einem Behandlungstisch. Foto MIT

„Diese Präzision und Konformität des Protonen- und Kohlenstoffionen-Strahls erlaubt, dass auch bei hochkomplexen, bisher schwer beherrschbaren Tumoren eine therapiewirksame Dosis appliziert und gleichzeitig das angrenzende Gewebe optimal geschont werden kann. Dadurch können die Heilungschancen verbessert und therapiebedingte Begleiterscheinungen, insbesondere Langzeitnebenwirkungen, gesenkt werden“ erläuterte die Direktorin der  Klinik für Strahlentherapie des UKGM, Prof. Dr.Rita Engenhart-Cabillic.
 
Erstes Therapiejahr erfolgreich
„Die Kooperation der Universitätskliniken Marburg und Heidelberg ist eine Erfolgsgeschichte, was die Patientenbetreuung betrifft und die wissenschaftliche Zusammenarbeit“ sagte Prof. Debus, Direktor der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum Heidelberg, HIT und MIT. Gemeinsam sei es dem UKGM (Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH) und dem Universitätsklinikum Heidelberg mit der Rhön-Klinikum-AG gelungen, im ersten Therapiejahr 142 Patienten mit dieser neuen Methode zu behandeln.

Überwiegend kamen die  Patienten aus Nord-und Mitteldeutschland, jedoch auch einige aus dem europäischen Ausland. „Durch klinisch-wissenschaftliche Synergien der Partner ist die schnelle Etablierung und Verfügbarkeit dieser innovativen Behandlungsform mit raschem Zuwachs der Patientenzahlen möglich geworden“, so Prof. Dr. Dr. Jürgen Debus weiter.

„Im ersten Jahr konnten wir nicht nur die klinischen Prozesse am MIT etablieren, es wurde auch das Personal rekrutiert und deren Qualifizierung in allen Bereichen vorangetrieben. Das aufgebaute Team aus Ärzten, Physikern und Technikern, MTAs sowie Medizinischen Fachangestellten kümmert sich hochengagiert und kenntnisreich um unsere Tumorpatienten. Auch die gesetzlichen Krankenkassen in Hessen unterstützen das MIT, indem sie ihren Mitgliedern im Rahmen klinischer Studien diese innovative onkologische Therapie ermöglichen“, erklärte Prof. Engenhart-Cabillic.

„Nach einem Jahr Vollbetrieb bin ich sehr zufrieden mit der Zuverlässigkeit und der Stabilität des Teilchenbeschleunigers und der Bestrahlungstechnik in den Patientenbehandlungsräumen. Im MIT sind wir nun bestens gerüstet für die Behandlung von vielen hundert Patienten an bis zu 270 Tagen im Jahr“, erklärte Prof. Dr. Thomas Haberer, der wissenschaftlich-technische Direktor der Ionenstrahl-Therapieanlagen in Marburg und Heidelberg.

Präklinische und klinische Forschung
Neben der klinischen Versorgung wird im Rahmen klinischer Studien analysiert, welche Patientengruppen  den größten Nutzen von der Anwendung der Strahlentherapie mit Partikeln (Protonen wie Kohlenstoffionen) haben. Die tumorspezifischen Wirkmechanismen der Therapie aufzuklären und die Behandlung zu optimieren wird die wesentliche Herausforderung der nächsten Jahre sein.

„Die rasche Übertragung dieser Forschungsergebnisse in die klinische Praxis kommen wiederum unseren Tumorpatienten zugute, da so dieses hochinnovative neue Behandlungsverfahren in kürzester Zeit weiterentwickelt wird und auch für weitere Indikationen zur Verfügung gestellt werden kann“, so Prof. Dr. Engenhart-Cabillic, Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am UKGM und MIT.

Hier seien die enge Verzahnung klinisch angewandter, translationaler und grundlagenorientierter Forschung im Bereich der Zell- und Molekularbiologie sowie eine konstante Weiterentwicklung im physikalisch-technischen Bereich essentiell.

Elementare Voraussetzung für diese wissenschaftliche Weiterentwicklung sind die von der Landesregierung im Rahmen der Forschungskooperation zur Verfügung gestellten Fördermittel. Die Fördermittel dienen ausschließlich der Erforschung und Weiterentwicklung der Therapie mit Ionenstrahlen und sind bereitgestellt für Wissenschaftler/innen der hessischen staatlichen Hochschulen und staatlich geförderten außeruniversitären Einrichtungen.
Im Rahmen der ersten Ausschreibung zum „Marburger Förderprogramm MIT-Forschung“ wurden 10 der 15 eingereichten Forschungsanträge mit einem Gesamtvolumen von 700.000 Euro positiv begutachtet und die Mittel bereits bewilligt.

Interdisziplinäre Tumortherapie
Bei wenigen Tumorarten ist die Überlegenheit der Ionentherapie bereits bewiesen. Für weitere Indikationen wird aktuell untersucht, ob die bessere Konformität und Effektivität sich in einen klinisch relevanten Vorteil überführen lassen. So wird aktuell bei 17 unterschiedlichen Tumorarten und Lokalisationen der Stellenwert der Partikeltherapie im Rahmen gemeinsamer klinischer Studien am HIT und MIT untersucht.

Auch wurden neue Strukturen geschaffen.So wurde ein standortübergreifendes, gemeinsam interdisziplinär besetztes Kooperationszentrum für Sarkome gebildet, welches von Herrn Prof. Dr. med. Padberg, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax-, Transplantations- u. Kinderchirurgie Gießen, geleitet wird.

Neben dem bestehenden Indikationsspektrum für erwachsene Patienten ist das MIT auch integraler Bestandteil des Pädiatrisch-Onkologischen Zentrums Gießen und Marburg (POH-Zentrum Gießen/Marburg), das als eines von vier kinderonkologischen Zentren in Deutschland diese modernste Form der Strahlentherapie anbieten kann. In enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Dieter Körholz (Pädiatrische Hämatologie und Onkologie an der Gießener Kinderklinik) konnten bereits die ersten Kinder von dieser Behandlung profitieren.

Die Vorteile der modernen Protonentherapie bezüglich der Dosisverteilung kommen insbesondere bei Kindern, bei denen sich die Organsysteme noch in der Entwicklung befinden und daher sehr strahlenempfindlich sind,besonders zu tragen. So kann die Dosis in diesen empfindlichen Strukturen signifikant reduziert werden, dies führt zu einer Vermeidung von Wachstums-und Entwicklungsdefiziten.

Durch die Verbindung des MIT mit den klinischen Einrichtungen des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) sowie dem Anneliese Pohl Krebszentrum Marburg (CCC), kann den Patienten in Marburg das gesamte Spektrum aller onkologischen Therapieoptionen angeboten werden. Diese breite strukturelle Verbindung qualifiziert das Universitätsklinikum Gießen und Marburg neben dem Universitätsklinikum Heidelberg als deutschlandweiten Spitzenreiter in der umfassenden onkologischen Patientenversorgung.

„Die RHÖN-KLINIKUM AG freut sich sehr mit den beteiligten Ärztinnen und Ärzten, dass mit der Marburger Ionenstrahltherapie ein so fortschrittliches onkologisches Therapiekonzept für unsere Patientinnen und Patienten aus Nah und Fern umgesetzt werden konnte. Wir danken allen Beteiligten für Ihren großen Einsatz und wünschen ihnen weiterhin viel Erfolg. Unseren Patientinnen und Patienten wünschen wir beste Genesung und Alles Gute“, sagte Dr. Gunther K. Weiß, der Vorsitzende der Geschäftsführung des UKGM.

Zum Hintergrund
Das Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT) nahm im Oktober 2015 seinen klinischen Betrieb auf. Getragen wird das MIT vom Universitätsklinikum Heidelberg (75,1 Prozent Gesellschafteranteile) und der Rhön-Klinikum AG (24,9 Prozent), dem Mutterkonzern des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM).

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