Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Erneut Protest zahlreicher Demonstranten gegen Atom in Marburg

Marburg 19.4.2011 (red) Erneut sind am Montagabend Hunderte demonstrierend durch Marburg zum Marktplatz gezogen, bei Atom gibt es keine Osterferien. So gab es ein beinahe vertrautes Bild und viel Hallo unter zahlreichen oft älteren Protestierern. Vermissen konnte man Studierende, deren Anteil deutlich untervertreten ist. Auf dem Marktplatz gab es wieder die Abschlußkundkebung, zunächst mit einer Ansprache von Merle Drusenbaum vom Anti Atom Plenum Marburg. Danach gabe es sehr gute Liedvorträge von Beate Lambert. Die Ansprache wird nachfolgend mit Fotografien veröffentlicht.

Gastbeitrag von Merle Drusenbaum Hallo, Ich bin Merle Drusenbaum vom Anti Atom Plenum Marburg. Ich möchte ein paar Worte sagen über die Initiativen unserer Bundeskanzlerin Merkel, um nach der Atomkatastrophe in Fukushima den politischen Schaden zu begrenzen. Am Freitag hat Bundeskanzlerin Merkel den folgenden denkwürdigen Satz zu Protokoll gegeben: „WIR ALLE WOLLEN SCHNELLSTMÖGLICH AUS DER KERNENERGIE AUSSTEIGEN UND IN DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN AUS- UND UMSTEIGEN!“

Wir sind verwundert. Spricht hier eine langjährige Atomkraftgegnerin? Spricht hier eine, die seit vielen Jahren erbitterten Widerstand leistet gegen die unverantwortliche Atompolitik der Bundesregierung?
Nein, hier spricht die gleiche Kanzlerin, die uns noch Mitte letzten Jahres mit einer Verlängerung der Laufzeiten beglückt hat und im gleichen Atemzug in einem geheimen Vertrag mit der Atomindustrie ausgeklüngelt hat, wie der entstehende Kuchen an zusätzlichen Gewinnen zwischen Industrie und Staat aufgeteilt werden soll.

„WIR ALLE WOLLEN SCHNELLSTMÖGLICH AUS DER KERNENERGIE AUSSTEIGEN!“ – Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Fukushima die Kanzlerin wirklich bekehrt haben soll. Schließlich war das, was passiert ist, nach Tschernobyl doch nichts Neues mehr.

Was wir aber entnehmen können aus diesem denkwürdigen Satz ist folgendes: Unserer geehrten Bundeskanzlerin steht nach den Landtagswahlen in Baden Würtemberg und Rheinland Pfalz DAS WASSER BIS ZUM HALS!

Und daran, dass Fukushima unsere deutschen PolitikerInnen offenbar viel stärker unter Druck setzt als dies in unseren Nachbarländern zu beobachten ist, daran ist neben der breiten Ausstiegs-Mehrheit in der deutschen Bevölkerung auch die starke Anti-Atom-Bewegung in Deutschland schuld. Also wir alle, die wir hier stehen und hunderttausende mehr UND DARAUF KÖNNEN WIR STOLZ SEIN!

“ WER NICHT MEHR WEITER WEISS, DER GRÜNDE EINEN ARBEITSKREIS“ heißt es

Bundeskanzlerin Merkel hat in ihrer Ratlosigkeit – so kurz nach der Katastrophe von Fukushima und ebenso kurz vor den Landtagswahlen in Baden Würtemberg und Rheinland Pfalz – neben der Reaktorsicherheitskommission, die seit 1958 exisitiert, eine zweite Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die ETHIK-KOMMISSION.

Folgt man der Logik der Bundesregierung, so lässt sich folgendes vermuten: Aufgabe der Reaktorsicherheitskommission ist es den reibungslosen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken zu ermöglichen. Und Aufgabe der Ethikkommission ist es, einen GESELLSCHAFTLICHEN KONSENS ÜBER DIESEN WEITERBETRIEB herzustellen.

Aus dieser Logik erklärt sich auch die Zusammensetzung beider Kommissionen:
Während in der Reaktorsicherheitskommission fast ausschließlich Firmen und Institutionen vertreten sind, die ein direktes wirtschaftliches Interesse am Weiterbetrieb der Atomkraftwerke haben, ist die Ethikkommission auf den ersten Blick etwas bunter besetzt.

Immerhin wird sie von Prof. Klaus Töpfer geleitet, von dem schon mal die eine oder andere kritische Bemerkung zur Atomkraft zu hören war und sie enthält wegen der Pluralität sogar einen – wenn auch rechten und atomfreundlichen – SPDler: den ehemaligen Hamburger Bürgermeister Klaus von Donanyi.

Unter den 14 Kommissionsmitgliedern sind immerhin 3 Frauen – das entspricht ja auch fast dem Anteil dieser „Minderheit“ in der Bevölkerung  – und ebensoviele Kirchenvertreter.

Das Durchschnittsalter der Kommission liegt schätzungsweise zwischen 60 und 70. – eine KOMMISSION DER ALTEN MÄNNER also, was besonders sinnvoll ist, wenn es um die Zukunft unserer Kinder geht.

DIE BUNTE BESETZUNG DER ETHIKKOMMISSION HÄLT EINEM GENAUEREN BLICK NICHT STAND:

Prof. Klaus Töpfer hat 1986 kurz nach der Katastrophe von Tschernobyl – er war damals Umweltminister in Rheinland Pfalz – verlauten lassen, dass ein ähnlicher Unfall in Deutschland natürlich undenkbar wäre.

Unter den Kommissionsmitgliedern finden wir BASF Chef Jürgen Hambrecht, der den ganzseitigen Aufruf der Industrie für die Laufzeitverlängerung und gegen die Brennelementesteuer unterzeichnet hat, ein ULTRA ATOM FREUND also, einer, der noch atomfreundlicher ist als unsere Regierung – und das will was heißen. Dazu gehört auch der Vorsitzenden der Gewerkschaft der Atomfans, Michael Vassiliadis von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie.

Und man sieht auch, welche gesellschaftliche Gruppen in der Ethikkommission gänzlich fehlen: nicht nur die Oppositionsparteien fehlen, auch die Umweltverbände wurden offenbar vergessen: wir suchen vergeblich nach Greenpeace, dem BUND oder VertreterInnen der Anti-Atom-Initiativen.

Ein ECHTER DURCHSCHNITT DURCH DIE GESELLSCHAFT ALSO ist diese Ethikkommission mithin und EIN EBENSO EHRLICHER VERSUCH, die Atompolitik der Bundesregierung wirklich auf den Prüfstand zu stellen.

LASSEN WIR UNS NICHT LÄNGER VERARSCHEN!

Lassen wir uns nicht einlullen von Ethikkommissionen und Sonntagsreden. Es ist doch sowieso vorauszusehen, wie diese Kommission am Ende des Tages entscheiden wird.

„Kernkraftwerke in Deutschland sind viel sicherer als in Japan“, wird es heißen, „denn es gibt hier keine Tsunamis“. Und „natürlich wollen wir die Energiewende, aber wir wollen nicht, dass der Strom durch die böse Solarindustrie immer teurer wird, die den armen Hartz 4 Empfängern das Geld aus der Tasche zieht, deshalb brauchen wir genügend Zeit für den Umbau.“

Weder Solarstrom noch dezentrale Windkraftanlagen werden in der Strategie der Bundesregierung einen Platz finden. Stattdessen wollen sie für mehrere Milliarden Euro Stromtrassen von Nord nach Süd bauen, um den Strom der Offshore Windanlagen aus der Nordsee und der geplanten Solarkraftwerke in der Sahara zu den Verbrauchern zu bringen.

ALS WÜRDE DER WIND NUR IN DER NORDSEE WEHEN UND DIE SONNE NUR IN DER SAHARA SCHEINEN. WIR SOLLTEN DEM NICHT LÄNGER ZUHÖREN!

Das ist nur Zeitverschwendung. Denn es geht bei der Reaktorsicherheitskommission nicht um Sicherheit und bei der Ethikkommission geht es nicht um Ethik.

  • Es geht um wirtschaftliche Interessen, es geht darum, die Monopolstellung der großen Energiekonzerne zu sichern.
  • Es geht darum, zu verhindern, dass die Menschen endlich dezentral und überall auf der Welt ihren eigenen Strom produzieren und damit unabhängig werden von menschenverachtenden Technologien und denen, die damit Milliarden Gewinne machen.

Wir wollen ihnen nicht weiter zuhören und uns nicht weiter von ihnen an der Nase herumführen lassen. Stattdessen wollen wir dafür sorgen, dass sie uns zuhören müssen!

WEIL DIE PROTESTE AUF DER STRASSE UND AN DEN ATOMKRAFTWERKEN NICHT AUFHÖREN!
WEIL DER PROTEST SOLANGE WEITERGEHT, BIS ALLE ATOMKRAFTWERKE ABGESCHALTET SIND!

Als nach der Ansprache die Zahl von 760 Teilnehmern bekannt gegeben wurde, gab es dazu ebenso Beifall, wie zuvor die Teilnehmer des öftern ihre Zustimmung bei der Ansprache von Merle Drusenbaum mit Beifall bekundet hatten.

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Bei den anschließenden stimmungsvollen Liedvorträgen der Kinderliedermacherin Beate Lambert gab es nicht alleine aufmerksame und mitgehende Zuhörer. Bei einigen Liedern wurden viele zu MitsängerInnen. (Alle Fotografien Hartwig Bambey)

Am kommenden Ostermontag, 25. April, gibt es in Marburg keinen Montagsspaziergang. Stattdessen ruft das veranstaltende Anti Atom Forum Marburg zur Demonstration in Biblis auf und organisiert dorthin gemeinsame Busfahrten.

—> Zum Bericht der zurückliegenden Montagsdemonstration am 11. April in das Marburger. mit Veröffentlichung der Ansprache von Johannes M. Becker.

 

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