Kasseler Klimaschutzpreis 2024 verliehen

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Chaotisches Sitzungsende – Koalition mit der Brechstange als Selbstentlarvung

Marburg 3.11.2012 (yb) Die letzte Viertelstunde der gestrigen Stadtverordnetensitzung – exakt nach Beendung der Live-Berichterstattung durch das Marburger. – ist zum Desaster geworden. Und das in mehrfacher Hinsicht. Zunächst verließen unter Protest die Abgeordneten der Fraktion Marburger Linke die andauernde Sitzung. Henning Köster begründete dies damit, dass die Rot-Grüne Mehrheit in unzulässiger Weise die demokratisch-parlamentarischen Rechte seiner Fraktion beschneide. Diese Begründung war (leider) zutreffend. Wohl deshalb verließ Nico Biver als ehrenamtliches Magistratsmitglied der Linken den Saal gleich mit. Wer gedacht hätte, dies würde Eindruck machen und das Parlament zum Nachdenken bringen, wurde enttäuscht. Es gab spontan hämische Äußerungen auf der rechten Seite des Parlaments, ein Armutszeichen. Doch es sollte sich noch steigern.

Gemäß Tagesordnung gab es noch eine Reihe von Tagesordnungspunkten abzustimmen. Dies passiert nach 21 Uhr immer ohne Aussprache, aber nicht ohne Auseinandersetzungen. Unter den Anträgen waren auch welche von der nicht mehr im Saal anwesenden Fraktion Marburger Linke. Für Rot-Grün war dies unübersehbar die Gelegenheit zur ‚kalten Rache‘. Unbenommen des Inhalts – es ging ja ’nur‘ um Fragen zur Wohnraumversorgung in Marburg, womit sich der letzte Parteitag der SPD selbst beschäftigt und ein Ortsverein im Nachgang einen Antrag veröffentlicht hat – wurden die Anträge, zusätzlich durch Geschäftsordnungstrickserei unterlegt, abgebügelt. Tumber und instinktloser, zugleich politisch dümmer, ging´s nimmer.

Dabei mag eine Rolle gespielt haben, dass die Marburger Linke zuvor einen Antrag in der Redezeit vortragen konnte und begründete, der den Sozialdemokraten besonders weh getan haben mag. Thema Steigerung der Steuereinnahmen, hier der Gewerbesteuer. Eigene Themen oder Anträge aus den Reihen von Rot-Grün zuvor waren Fehlanzeige. Zum Ausgleich eigener Themen und Anliegen mimt man dann eben den ‚Haudrauf‘ in fragwürdigem Gebrauch der eigenen Mehrheit.

Mit Mühe nur brachte Stadtverordnetenvorsteher Heinrich Löwer die Sitzung dann zum Ende, jedenfalls bis zum Ende der Tagesordnung. Dann meldete sich Stadtverordneter Thorsten Sawallies (FDP) mit einer persönlichen Erklärung zu Wort. Sawallies kritisierte mit klaren und sachlichen Worten das Verhalten der Abgeordneten von SPD und GRÜNE. Er warf ihnen eklatanten Machtmißbrauch und ein völlig deformiertes Selbstverständnis vor. Die Mehrheit aus der letzten Kommunalwahl sei ihnen zum Regieren, zum Gestalten, ja zum Verwirklichen Rot-Grüner Politikziele gegeben worden. Das sei keine Frage.

Doch was in dieser Sitzung, ähnlich bereits  in vorhergehenden Sitzungen, an Verhaltensweisen und undemokratischen Gebaren gegenüber Anträgen, Anliegen und Stadtverordneten der Opposition an den Tag gelegt würde, sei skandalös. Sawallies verdeutlichte, dass die anderen Stadtverordneten ebenso mit Wählerauftrag mandatiert seien, die Inhalte, das Verhalten und die Maßnahmen kritisch zu beobachten, ja zu kritisieren und zu hinterfragen hätten. Genau daran würden sie in krassem Machtmißbrauch durch die Rot-Grüne Mehrheit gehindert, ja sogar schikanös behandelt.

Das hat gesessen und war zutreffend.

Es passte ins Bild unreflektierten und kopflosen Verhaltens, dass SPD-Mann Ullrich Severin während dieser Ausführungen von Sawallies an genau auch an seinem Verhalten aufsprang und sich entrüstet gerierend den Saal verlies. Ein deutlicheres Eingeständnis von Kritikunfähigkeit und völlig fehlender Bereitschaft zur Auseinandersetzung konnte es gar nicht geben!

Dann war Schluß mit starken Applaus von allen Abgeordneten, die nicht zur Marburger Rathauskoalition gehörten. Nach den beherzten und klaren Worten von FDP-Mann Sawallies war der Schleier zerissen. Es war klar und unabweisbar geworden, dass Erhebliches im Marburger Stadtparlament im Argen liegt. Das Demokratieverständnis und praktizierte Miteinander zur Vertretung und Gestaltung der Interessen der Wählerinnen und Bürger musste mit klaren Worten beklagt und hinterfragt werden.
Neben der Linken hatte zuvor auch Hermann Uchtmann bei einem Antrag der Marburger Bürgerliste viel unangemessene und überzogene  ‚Prügel‘ einstecken müssen, aus dem Mund von OB Vaupel.

Nach Sitzungsende zog es viele Stadtverordnete zu Sawallies. Dieser sah sich auf einmal umgeben und umringt von Kollegen, die ihm auf die Schulter klopften. Er solle unbedingt weiter machen, sagten welche. Sawallies war sichtlich überrascht über soviel Zustimmung. Selbst OB Vaupel sah sich veranlasst, zu Sawallies ermunternde Worte und ein respektvolles Kopfnicken hinüber zu schicken.

So ist ganz zum Ende dieser Novembersitzung, die eigentlich die Oktobersitzung war, der Knoten geplatzt. Nach dem lange anhaltendem Koalitionszwist, angesichts derzeit ganz offensichtlich fehlender Inhalten und Orientierung bei SPD wie bei GRÜNEN, zeigt sich deren politische wie personelle Schwäche ungeschminkt.

Angesichts vieler sachbezogener und problemorientierter Anträge aus den Reihen der anderen Parteien und gewählten Abgeordneten kommt Rot-Grün zunehmend unter Druck – und schlägt kopflos um sich. Das entlarvt sich selbst, wie an diesem denkwürdigen Freitag ganz zum Ende erlebt werden konnte und musste.

Alles hätte so schön werden können und sollen. Die Haushaltsrede des Oberbürgermeisters mit Vorstellung eines erneut ausgeglichenen Haushalts für das kommende Jahr als positiver Ausgang hat jedoch nicht getragen. Darunter gemischt von Vaupel die hochfliegende Idee einer Bundesgartenschau in Marburg  ist durch eine schwarze Stunde des Stadtparlaments schwer gestaucht. Darüber kann die treu-naive Hofberichterstattung in der heutigen Tageszeitung nicht hinweghelfen.

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