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Biontech flutet die Stadtkassen von Marburg

Zur Universitätsstadt Marburg gehört der Campus Lahnberge mit naturwissenschafltichen Instituten. Hier der 2014 eingeweihte Neubau der Chemie. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

22.02.2022 (pm/red) In den ersten neun Monaten des Jahres 2021 erzielte Biontech einen Gewinn von 7,1 Milliarden Euro. Die anfallende Gewerbesteuer spült mehrere hundert Millionen Euro Gewerbesteuer in die Stadtkassen der Biontech-Standorte. Mainz, Idar-Oberstein und Marburg erwarten Gewerbesteuermehr-einnahmen in Höhe mehrerer hundert Millionen Euro.

Von den Rekordumsätzen des Medizinproduktherstellers Biontech profitieren nicht nur Gesellschafter und Aktionäre, auch die Stadt Marburg profitiert von dem Erfolg der ortsansässigen Firma. Die Stadt erhält zusätzlich mehrere hundert Millionen Euro Gewerbesteuer. Der Oberbürgermeister der Stadt Marburg, Dr. Thomas Spies (SPD) teilte mit, dass die Stadt eine erhebliche Verbesserung der Gewerbesteuereinnahmen erwarte. Konkrete Zahlen könne er nicht nennen. Das Steuergeheimnis verhindert auch die namentliche Nennung der für das Steuerplus verantwortlichen Firma.

Steuermehreinnahmen in Millionenhöhe

Die Stadt Marburg stellte im Jahr 2020 Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 103 Millionen Euro in den Haushalt ein. Im Jahr 2021 wurden 110 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt, für 2022 sieht der Haushaltsplan der Stadt sogar 121 Millionen Euro vor. Hierin enthalten sind noch nicht die Gewerbesteuermehreinnahmen, da die Stadt die Höhe noch nicht ermitteln konnte.

Ursachen der Steuermehreinnahmen in Marburg

Wird der Wirtschaftsstandort Marburg mit seiner Gesamtheit an ortsansässigen Unternehmen betrachtet, können Steuermehreinnahmen in Millionenhöhe nicht durch kleine oder mittelständische Unternehmen verursacht werden. Das wäre nur möglich, wenn es im Jahr 2020 und 2021 zur Neugründung mehrerer hundert mittelständischen Unternehmen in Marburg gekommen wäre.

Somit bleiben lediglich die deutsche Zweigniederlassung des australischen Biopharma-Konzerns CSL Limited und Biontech. Die genaue Gewerbesteuerhöhe von SCL Behring ist aufgrund des Steuergeheimnisses ebenfalls nicht bekannt. Der Biotherapeutika-Hersteller galt bislang als der größte Gewerbesteuerzahler der Universitätsstadt Marburg. CSL hat zwar im Jahr 2021 erneute Rekord-Gewinne eingefahren, diese sind jedoch im Vergleich zu den Vorjahren nicht so immens gestiegen, dass sie eine solch dramatische Verbesserung des städtischen Haushalts herbeiführen könnten

Der Trend zu Steuermehreinnahmen ist auch in anderen Branchen bemerkbar. In der Sportwettenbranche in Deutschland wurde durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag die erhöhte Steuerlast stark bemerkbar. Hunderttausende von Kunden wechselten zu Wettanbietern ohne Gebühr, die auf Steuern verzichten und somit ihren Kunden bessere Konditionen bieten können.

Der Biontech-Standort in Idar-Oberstein

Bei der Betrachtung der Marburger Steuermehreinnahmen lohnt sich ein Vergleich mit dem städtischen Haushalt von Idar-Oberstein. Dort hat Biontech einen weiteren Standort mit etwa 500 Mitarbeitenden eröffnet. Der Standort verfügt also über etwas weniger Personal als der Marburger Standort, an dem etwa 600 Mitarbeitende beschäftigt sind. In einem Video des SWR freut sich auch der Oberbürgermeister der Stadt Idar-Oberstein, Frank Frühauf von der CDU, über Steuermehreinnahmen in Höhe von fast 217 Millionen Euro. Auch hier gibt der Politiker nicht an, woher diese Mehreinnahmen kommen.

Der Biontech Stammsitz in Mainz

Mainz, die derzeit mit 1,3 Milliarden verschuldet ist, ging in einer Pressekonferenz Anfang November 2021 davon aus, dass sie im kommenden Jahr schuldenfrei seien. Dies teilten der Finanzdezernent Günter Beck von den Grünen und der Oberbürgermeister Michael Ebling von der SPD mit.

Die Stadt Mainz ging bei dieser Pressekonferenz davon aus, im Jahr 2021 Steuereinnahmen in Höhe von 1,09 Milliarden Euro zu erhalten. Auch Mainz gibt nicht bekannt, woher diese Einnahmen stammen. Der Grund dafür ist auch hier das Steuergeheimnis. Im Jahr 2022 rechnet Mainz mit etwa 480 Millionen Euro Steuereinnahmen. Mainz wolle aufgrund dieser Mehreinnahmen künftig den Gewerbesteuer-Hebesatz senken. Dieser liegt derzeit bei 440 Prozentpunkten und soll auf 310 Prozentpunkte gesenkt werden. Dadurch sollen die Mainzer Unternehmen um 350 Millionen Euro entlastet werden.

Marburg bleibt zunächst zurückhaltend

Ausgehend von den Zahlen in Idar-Oberstein könnten auf den Standort Marburg hochgerechnet das Gewerbesteuer-Plus bei rund 300 Millionen betragen. Wobei es sich hierbei nicht um die Gesamtgewerbesteuereinnahmen, sondern das Haushaltsplus im Vergleich zum Vorjahr handelt. Die Gesamtgewerbesteuereinnahmen wurden im Jahr 2021 in Marburg mit 110 Millionen Euro angesetzt und für das Folgejahr gingen sie mit 120 Millionen in den Haushaltsentwurf ein.

Hier stellt sich allerdings berechtigterweise die Frage, warum Mainz und Idar-Oberstein die genaue Höhe ihrer Haushaltsmehreinnahmen kommunizieren und Marburg nicht.

Der Oberbürgermeister Dr. Spies begründet diese Zurückhaltung Anfang September mit dem Steuergeheimnis. Zudem gibt er an, erst kurzfristig über die künftigen Mehreinnahmen informiert worden zu sein. Daher liefen derzeit noch interne Abstimmungen bezüglich der Handhabung. Auch die Aufsichtsbehörde sei noch mit der Stadt im Abstimmungsprozess.

Steuerplus übersteigt in Marburg den gesamten Haushalt

Mitte September gibt die Stadt Marburg nach anfänglicher Zurückhaltung bekannt, dass sie momentan nach den vorläufigen Zahlen davon ausgehen, dass sie im Jahr 2021 rund 370 Millionen Euro Gewerbesteuer-Mehreinnahmen verzeichnen könnten. Das übersteigt in Marburg wie in Mainz den gesamten städtischen Haushalt inklusive aller Investitionen. Der Marburger Oberbürgermeister rechnet auch im Jahr 2022 mit einem deutlichen Gewerbesteuer-Plus in Höhe von etwa 200 Millionen Euro.

In Marburg profitiert nicht nur die Stadt von den Mehreinnahmen, etwa 70 Prozent gehen über Umlagen an den Landkreis Marburg-Biedenkopf und das Land Hessen. Die Stadt Marburg behält 30%, also insgesamt 171 Millionen Euro.
Marburg bleibt bei der Weiterverwendung der Mittel ähnlich schwammig wie bei der ersten Pressekonferenz, als es um die Höhe der Mehreinnahmen ging. So wolle die Stadt in die soziale, wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit investieren. Mögliche Einsatzbereiche der Gewerbesteuermehreinnahmen sind die energetische Gebäudesanierung und die Fortführung der Verkehrswende. Hierzu soll der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden.

 

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