Kasseler Klimaschutzpreis 2024 verliehen

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Massive Bauinvestitionen in Marburg aber keine Stadtentwicklungsplanung

Berlin 30.5.2011 (yb) In dem neusten Buch über Marburg vom Club E und dem Jahr 1966 wird berichtet, dass man in dieser Zeit mit neu errichteter Universitätsbibliothek, Bau der Stadtautobahn B3a und weiteren Großbauten einen Bauboom erlebt habe. 45 Jahre später im Jahr 2011 – also heute – sucht man das Wort Bauboom zur Beschreibung der umfangreichen und das  Stadtbild verändernden Baumassnahmen vergeblich. In Marburg wird soviel gebaut wie nie zuvor in einer Dekade – doch niemand spricht über das Ganze. Dies sucht nacht Erklärungen und drängt nach Veränderung.

Das Bild der Stadt in Marburg in den Köpfen ist historisch überformt – zugleich durchläuft die Kommune eine durchgreifende Transformation.

Ein Faktor mag die Verschiebung der Massstäbe sein. In einer globalisierten  Welt mit medial vermittelter Gleichzeitigkeit von beinahe Allem mag manches Geschehen vor Ort an Bedeutung verlieren. Ein anderes Wirkmoment mag sein, dass niemand in Marburg das durchgreifende Baugeschehen unmittelbar erlebt.  Im Bereich der Bahnhofstraße sind die Neubauten von der DVAG unübersehbar, dazu der Ausbau des Altenwohnheims in der Uferstraße, dann noch das Jugend- und Sozialamt am Wilhelmsplatz. Na und, mögen viele denken. Gebaut wird schließlich immer.  Mal mehr, mal weniger.

Die räumliche und zeitliche Verteilung der sehr großen Zahl von Baustellen ist wohl ein Hauptgrund für das Übersehen des ihnen innewohnenden Gemeinsamen. Dazu kommt, dass es auf der Ebene der Politik keine Städtebaudiskussion gibt. Dafür ist Kommunalpolitik in Marburg bisher nicht ausgestattet. Es fehlt die Instanz eines Stadtplaners, oder einer Fachfrau für Stadtentwicklungsfragen auf Dezernentenebene. Stattdessen bemüht man sich projekt- und quartierbezogen vorwärts zu kommen.
Dass dies alleine nicht ausreicht, zeigt sich in der (Vor-)Diskussion um eine mögliche Seilbahnverbindung auf die Lahnberge. Ausbau und Verlegung der Unikliniken auf die Lahnberge und der kommenden naturwissenschaftliche Campus Lahnberge ziehen deutlich wachsende Verkehrsströme nach sich. Das ist mit den bisherigen Busverbindungen nicht zu bewältigen. Eine in den öffentlichen Personennahverkehr integrierte Kabinenseilbahn soll wirksame Beförderungsleistungen übernehmen.

Arbeiter und Ingenieure wirken winzig in der Baugraube für das Gebäude Fachbereich Chemie auf den Lahnbergen

Auf den Lahnbergen entsteht also (endgültig) ein neuer und hochvitaler Stadtteil. Das im Bau befindliche Gebäude für den Fachbereich Chemie mit deutlich über 100 Millionen Euro Bausumme ist ein Ausdruck davon. Dies verändert Marburg und damit auch die Verkehrsströme in der gesamten Stadt. Es gibt zahlreiche weitere Massnahmen, viele davon Schwergewichte, die Marburg als Einzelne und in ihrer Summe transformieren. Ganz Marburg wird umgebaut mit der Folge veränderter, neuer Wohnquartiere, Einkaufsangebote, Universitätsschwerpunkte und Binnenmobilitäten und nicht zuletzt in seinem Aussehen.

Ein verschwiegener Bauboom bewegt über 1.000.000.000 Milliarde Euro

Dafür werden im Zeitraum zwischen 2007 und 2017 deutlich über 1.000.000.000 Euro investiert. In Worten:  mehr als Eine Milliarde Euro verausgaben verschiedene Investoren in Marburg, für Marburg, in den Standort Marburg. Es ist höchste Zeit dies als einen Bauboom zu begreifen und damit angemessen umzugehen. Einen Anstoß will das Marburger. mit diesem Beitrag geben. Nachfolgend wird zur Veranschaulichung und Übersicht eine tabellarische Übersicht veröffentlicht. In dieser Tabelle finden sich Baumaßnahmen gelistet, zugleich Bausummen, Zeitangaben und Aussagen zur Nutzung. Der Redaktion erscheint eine solche Betrachtung hilfreich und geboten um den Blick auf das Große und Ganze zu richten. Eine Einzelfallbetrachtung alleine muss zu kurz greifen, überblickt nicht die vielen Folgewirkungen. Veränderte Verkehrsströme sind nur ein Aspekt darunter.

„Wir müssen uns in Marburg über eines klar werden – was wir sein wollen“ sagt ein jüngst ausgeschiedener Stadtverordneter und, dass die Stadt „ihre Stellung als Gestalterin wahren und wahrnehmen muss“. Eine weiterer, ebenfalls gerade ausgeschiedener Stadtverordneter spricht von der „Macht des großen Geldes“ und kritisiert „es wird nicht mehr geplant, es wird gewuchert.“

Tabellarische Übersicht zu Objekten und Bauinvestitionen mit Zeiten

Was ist gewesen, was soll werden und vor allem wie?

Die IG MARSS kritisiert zu Recht vielerorten in Marburg entstandene, und zuvor genehmigte „gesichtslose Dutzendarchitektur“. Die Bürgerinitiative Stadtautobahn fordert Tempolimit für die Kernbereiche der Stadt zerschneidende Stadtautobahn B3a bis hin zu einer unterirdischen Tunnelführung in Kernbereichen.
Die Stadt selbst ist gegen willkürlichen Umgang mit Baudenkmälern (wieder) aktiv geworden, hat ein Appartementhaus Am Grün verhindert. Vieles deutet auf ein Umdenken hin.
Dazu gehört es Marburg wieder als Ganzes in den Blick zu nehmen.

  • Wie sieht die Stadt an der Lahn mit Elisabethkirche unter dem Landrafenschloss im Jahr 2025 aus?
  • Vor allem wie soll Marburg aussehen?
  • Wie soll Marburg funktionieren?
  • Welche Eigengenarten sind gewollt und werden gefördert?
  • Was ist nicht gewollt und was soll, kann, muss verhindert werden?

Ein Nachdenken lohnt und sollte nunmehr auf politischer Ebene institutionalisiert werden. Rot-Grün verhandelt gerade über die Inhalte der kommenden Rathauskoalition. Altenheim, Windkraft, Seilbahn, Nahverkehr sind dabei einzelne Stichworte. Doch Bäumchen pflanzen genügt nicht, es muss der Wald und die Landschaft – hier die Stadt Marburg – als Ganzes in den Blick genommen werden.

Panorama Marburg Mitte (Fotografien und Foto-Montage H.Bambey)

Redaktionelle Hinweise

Die Zahlenübersicht zu den Bauinvestitionen beruht im Kern auf einer überarbeiteten Tabelle von Matthias Warkus. Es hat sie zusammengestellt und der Redaktion freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Matthias Warkus betreibt einen Internetblog.
Diese tabellarische Darstellung will und kann nicht vollständig sein. Das Interesse der Betrachtung liegt auf dem sich ergebenden Gesamtbild, nicht unbedingt auf der je einzelnen Baumassnahme. Für berichtigende oder ergänzende Hinweise ist die Redaktion dankbar.

Im März 2011 hat die Redaktion ein Gespräch mit den beiden aus der Stadtverordnetenversammlung Marburg ausscheidenden Stadtverordneten Heinrich Dingeldein und Georg Fülberth geführt. In dem Dialog finden sich viele Fragen und Gedanken zur Stadtentwicklung thematisiert. Daraus sind die Zitate weiter oben entnommen.

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