Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Eine Bimmelbahn für Marburg ?

Bimmelbahn14-01-15 (yb) Eine rege Diskussion ausgelöst hat ein Bericht, dass in Marburg ab Sommer eine sogenannte Bimmelbahn den Fahrbetrieb durch die Altstadt aufnehmen soll. Die Initiative hat gestartet und wird als Investition getragen vom örtlichen Taxiunternehmen Brunnet. Der Bau der „Lokomotive“ nebst Wagen wurde bereits vor einiger Zeit in Auftrag gegeben. Vom Steinweg über den Marktplatz soll die Route hinauf zum Schloss führen. Dabei handelt es sich nicht um eine Schmalspurbahn auf Gleisen mit Glocke (Bimmel), was eigentlich mit dem Begriff Bimmelbahn umschrieben wird. Stattdessen geht es um eine als Lokomotive verkleidete Zugmaschine, dahinter Anhänger zur Personenbeförderung, wie sie in Touristenorten oder einigen Seebädern zum Einsatz kommen.

Marburg soll also ein neues Personenbeförderungsmittel bekommen. Zielgruppe dafür sind bevorzugt Touristen, denen eine bequeme Passage in der bergigen Stadt geboten werden soll. Zielsetzung ist es insbesondere eine Alternative zum fußläufigen Aufstieg zum Landgrafensschloss zu bieten. Das Genehmigungsverfahren, zuständig dafür ist das Regierungspräsidium, ist eingeleitet und einer Konzessionierung steht wohl nichts entgegen. Gleich nach der Meldung vor einigen Tagen hat sich eine lebhafte Diskussion entzündet, in der sich Befürworter und Kritiker zu Wort melden. Seitens der Kommunalpolitik sind von der Marburger Linken kritische Töne angeschlagen worden. Dort sieht man sich übergangen und reklamiert Mitspracherechte im Stadtparlament.

Insgesamt wird in der Diskussion der sogenannte Bimmelbahn die Frage der Erreichbarkeit und verkehrstechnischen Anbindung des Schlosses mit thematisiert. Dazu gibt es bekanntlich städtische Überlegungen zum Bau eines Schrägaufzuges, für dessen Bau DVAG-Gründer Reinfried Pohl Ende 2012 eine Spende von 4 Millionen Euro der Stadt Marburg hat zukommen lassen.

Zunächst mag überraschen, dass der Ankündigung dieses Vorhabens soviel öffentliche Aufmerksamtkeit zuteil wird. In Sachen Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) – darum handelt es sich letztlich auch bei der Bimmelbahn – war mit dem Fahrplanwechsel vor wenigen Wochen, der keinesfalls Leistungsverbesserungen gebracht hat, eine erhebliche Tarifsteigerung bei den Einzelfahrten um satte 30 Cent verbunden. Wer zu den mitterweile 2,10 Euro kostenden Einzelfahrscheinen eine lebhafte Diskussion und Kritik erwartet hatte, wurde enttäuscht. Offenbar beflügelt eine gummibereifte und traktorgezogene Touristenbahn durch die Oberstadt Phantasie und Vorstellungkraft vieler deutlich mehr als eine solch krasse Tarifsteigerung im Nahverkehr.

Das Thema birgt also einige Phantasie, den kommenden Betreiber mag es freuen. Dahinter steckt die prägnante städtische Orienterung auf (tages-)touristische Besucher. Nicht genug der Attraktionen in der Oberstadt, seit einiger Zeit promotet insbesondere Oberbürgermeister Egon Vaupel eine Erschließung und Entwicklung des Landgrafenschlosses. Dazu wurde eine Studie beauftragt und im vergangenen Jahr vorgestellt. Der Oberbürgermeister befürwortet einen musealen Ausbau des Schlosses, wo er zusätzlich eine museale Abbildung der Stadtgeschichte / Stadtmuseum verwirklicht sehen möchte.

Mithin geht es letztlich um weitreichende Vorstellungen in der Stadt Marburg. Entwicklung und Nutzung des Schlosses als touristische Ressource sollen Anliegen werden. Bis heute ist man vom Schloss als wirklichen Anziehungspunkt weit entfernt. Außer einem Panoramablick über die Stadt und der leistungsfähigen Gastronomie im nahen Bückingsgarten fehlt es an Attraktionen für eine wirkliche touristische Attraktion. Das im Schloss untergebrachte Museum ist deutlich veraltet. Dort müsste sehr viel passieren, was aber nicht in der Zuständigkeit der Stadt liegt. Das Schloss ist Liegenschaft des Landes Hessen im Betrieb der Philipps-Universität. Und diese hat andere (Geld-)Sorgen, Anliegen und Aufgaben mit ihren mittlerweile gut 25.000 Studierenden und knappen Finanzressourcen. Zudem leistet die Philipps-Universität derzeit die Sanierung des Ernst von Hülsen-Hauses in der Biegenstraße, wo wesentliche Bereiche des Universitätsmuseums untergebracht sind. Zu der Neugestaltung des Kunstmuseums musste gerade eine Spendenaktion gestartet werden. Anders betrachtet, reichen die Finanzmittels seitens des Landes nicht einmal für die museale Gestaltung dieses Museums.

Es gehört derzeit mithin eine Menge Phantasie dazu sich einen touristisch anziehenden Ausbau des Schlosses – als Fahrziel der kommenden Marburger Bimmelbahn – vorzustellen. Die dafür notwendigen Millionen fehlen, wo zudem die Stadt Marburg derzeit weit mehr als 30 Millionen Euro als Investition für bauliche Sanierung und Ausbau ihrer Stadthalle zu schultern hat.

Der Oberbürgermeister gibt sich unverdrossen und sieht Bedarf für Bimmelbahn und den von ihm in die Diskussion gebrachten Schrägaufzug zum Schloss. Dafür alleine müssten etliche Millionen Euro aufgebracht werden.

Damit bleibt viel Raum für Wunschdenken und Schlossideen. Mit den realen Aufgaben der Stadtentwicklung und auch der Universität hat dies wenig zu tun. Schon vorab hat die kommende Schwarz-Grüne Landesregierung mitgeteilt, dass die Mittelausstattung im Hochschulbau (HEUREKA) zeitlich gesteckt werden sollen. Betroffen davon sind gerade die Marburger Campusplanungen.

Ob und welche Vorteile von einer Bimmelbahn ausgehen können, ob sie überhaupt wirtschaftlich betrieben werden kann und ob sie für die Oberstadt, deren Bewohner und Gewerbetreibende von Nutzen ist, bleibt abzuwarten.

Lebhafte Diskussionen zu Themen der Stadtentwicklung sind wünschenswert. Ob es derzeit nicht etwas viel Gebimmel und Getöse hat, sei als Frage hier in den Raum gestellt. Wem die touristische Entwicklung der Stadt angelegen ist, könnte sich fruchtbar mit dem Thema Hotelkapazitäten beschäftigen. Dass es hier eine Knappheit hat, dürfte unstrittig sein, doch derzeit ist dies kein Thema.

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