Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Bäume fällen um Wohnraum zu schaffen – Von einem aktuellen Konflikt in Marburg

Bäume und ein Baumstumpf – was kann dieses Foto mitteilen? Zunächst einmal mag die Frage aufkommen, warum hier ein Baum aus dieser eng zusammen stehenden Gruppe gefällt worden ist? Eine Krankheit des Baumes wird es eher nicht gewesen sein. Jedenfalls lässt der Baumstumpf davon nichts erkennen. Wenn  diese Baumgruppe zu eng gestanden und sich gegenseitig im Wuchs behindert hat, hat, wird das problem mit der Fällung eines Baumes kaum beseitigt worden sein. Foto Hartwig Bambey

Bäume und der Stumpf eines gefällten Baumes dieser Baumgruppe – was kann dieses Foto mitteilen? Zunächst einmal mag die Frage aufkommen, warum hier ein Baum aus dieser eng zusammen stehenden Gruppe gefällt worden ist? Eine Krankheit des Baumes wird es eher nicht gewesen sein. Jedenfalls lässt der Baumstumpf davon nichts erkennen. Wenn diese Baumgruppe am Rand des Vitos-Geländes an der Cappeler Straße zu eng gewachsen ist und sich gegenseitig im Wuchs behindert, wird das Problem mit der Fällung (nur) eines Baums der Gruppe kaum beseitigt worden sein. Foto Hartwig Bambey

140418 (yb) In Marburg wird bekanntlich in den letzten Jahren viel gebaut. Derzeit lässt sich die Innenstadt nicht durchqueren, ohne gleich mehrere Großbaustellen wahrzunehmen. Zugleich ist Marburg von Wohnraumnot, besonders hinsichtlich bezahlbarer Wohnungen, gekennzeichnet. So würde der Widerspruch zwischen einem anhaltenden Bauboom in der Stadt, einer inzwischen mit rund 25.000 Studenten geradezu überquellenden Philipps-Universität und einer – mittlerweile durch die  Zensuszahlungen amtlich gewordenen – rückläufigen Einwohnerzahl mit derzeit gerade einmal 72.000 Bewohnern unbedingt eine politische Debatte verdienen. Vor diesem Hintergrund ist sicherlich als positiv zu vermerken, dass der Schaffung von neu zu bauenden Wohnungen inzwischen seitens der Stadt politische Priorität gewidmet wird. So wird als eine Maßnahme größeren Zuschnitts für eine Fläche am Rand der Vitos-Kliniken an der Cappeler Straße ein neuer Bebauungsplan vorbereitet. Dort können und sollen Wohnungen in dreistelliger Größenordnung entstehen. Diese Initiative kann in wohnungspolitischer Betrachtung als positiv betrachtet werden. Auch dass dabei, wie erforderlich, eine Bürgerbeteiligung praktiziert wird ist wünschenswert und erfreulich. 

So hat im bürokratisch-administrativen Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 10/1 ‚Cappeler Straße/Friedrich-Ebert-Straße‘, der eine Fläche von beinahe 28.700 Quadratmetern umschließt, Ende März eine öffentliche Informationsveranstaltung stattgefunden. Der Ortsbeirat Richtsberg wurde bereits damit befasst und die Träger öffentlicher Belange sind im üblichen Verfahren zu Stellungnahmen aufgerufen. Soweit so gut.

Planskizze zum Bebauungsplan-Entwurf 10/1 Cappeler Straße/Friedrich-Ebert-Straße mit Markierung der Fläche für Wohnbebauung.

Planskizze zum Bebauungsplan-Entwurf 10/1 Cappeler Straße/Friedrich-Ebert-Straße mit Markierung der Fläche für gewollte zukünftige Wohnbebauung.

Doch dem Vorhaben und der praktizierten Vorgehensweise der Stadt und ihrer Bauverwaltung droht Ungemach. Gleich von mehreren Seiten ist Kritik artikuliert worden. Es liegen bereits mehrere deutlich widersprechende Stellungnahmen vor. Es steht sogar die Ankündigung einer Anzeige wegen Verstoß gegen das Hessische Waldgesetz im Raum. Auch der Ortsbeirat Richtsberg hat in seiner ersten Stellungnahme mit deutlicher Mehrheit ein ablehnendes Votum beschlossen und fordert die Bauverwaltung der Stadt auf für den Richtsberg eine Gesamtplanung vorzulegen.

Einwendungen mit verschiedenen Begründungen

Als Einwendungen zum dem Bebauungsplanentwurf werden verschiedene Bedenken vorgetragen. Zum einen handelt es sich nicht um eine Freifläche, sondern um ein Gelände mit dichtem und Jahrzehnte altem Baumbewuchs. Seitens gleich zweier Fachleute wird dargelegt, das es sich dort um ‚Wald‘ im Sinn des Hessischen Waldgesetzes handeln würde. Treffen diese Einwendungen zu, wären von der Stadt andere Richtlinien und Maßnahmen zu leisten. Außerdem wird geltend gemacht, dass zu der Fläche bereits ein Beschluss vom Stadtparlament im Jahr 2003 gefasst worden ist. Demnach soll für eine Bebauung zunächst ein Wettbewerb hinsichtlich der Gestaltung und Art der Bebauung ausgelobt werden. Der Ortsbeirat Richtsberg ist nicht damit einverstanden, dass in diesem Bereich Wohnbebauung in isolierter Betrachtung durchgesetzt werden soll, wo bereits andernorts im Stadtteil zusätzlicher Wohnraum entstehen soll.

Damit stellen sich bereits in diesem frühen Stadium der Planung in Gestalt qualifizierter Einwendungen und Widersprüche einige Fragen zur Eigenart und Qualität des Verfahrens und der praktizierten Vorgehensweise Liegt mit dem Entwurf eine qualifizierte Grundlage vor? Sind die maßgeblichen Parameter berücksichtigt? Warum prescht die Bauverwaltung vor und setzt sich über den Beschluss der Stadtverordneten hinweg? Will man aus Zeitgründen keinen (offenen) Wettbewerb realisieren und stellt sich in Widerspruch zu einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung? Oder gibt es andere Motive für das Vorgehen seitens der Stadt und ihrer Bauverwaltung?

Dichter und gewachsener Baumbestand prägt die Fläche entlang der Cappeler Straße, für die ein Bebauungsplanentwurf mit der Zielstellung Wohnbebauung der in Arbeit ist. Foto Hartwig Bambey

Dichter und gewachsener Baumbestand prägt die Fläche entlang der Cappeler Straße, für die ein Bebauungsplanentwurf mit der Zielstellung Wohnbebauung in Vorbereitung ist. Foto Hartwig Bambey

Auf Marburg dürften damit einige Diskussionen zukommen, ob an der Cappeler Straße Bäume gefällt werden, um Wohnhäuser errichten zu können. Ortskundigen könnte dazu der Pilgrimstein in den Sinn kommen. Dort hat man vor wenigen Jahren den Bürgersteigbereich entlang der Stützmauer zum Alten Botanischen Garten verbreitert. Danach erst wurde festgestellt, dass eben diese (denkmalgeschützte) Stützmauer einsturzgefährdet ist. Der Verkehr wurde inzwischen auf eine Spur  eingeschränkt, LKW dürfen den Pilgrimstein nicht mehr durchfahren. Der teuer gebaute verbreitere Bürgersteig muss erneut aufgerissen werden, um eine unaufschiebbare Sanierung der Stützmauer angehen zu können. Umsichtige und qualitätsorientierte Planung geht anders – und am Ende kostengünstiger als von der Stadt Marburg praktiziert. Den Zustand der Stützmauer hatte man seinerzeit ‚übersehen‘.

—> Artikel: Vitos-Gelände: Filetstück für Wohnungsbau – Verfahren für Bebauungsplan wirft Fragen auf 

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