Kasseler Klimaschutzpreis 2024 verliehen

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Disput über Wohnungsnot – Runder Tisch erkämpft Positionen

dbau0603_0004_Runder TischMarburg 4.6.2014 (yb) Die Einladung zur dritten Zusammenkunft des Runden Tisch ‚Preiswerter Wohnraum‘ am Dienstag, 3. Juni, im Sitzungssaal der Stadtverordneten ist auf reges Interesse gestoßen. In zwei Stunden konnten die zahlreich mit und ohne dienstliche Veranlassung Erschienenen eine lebhafte Diskussion mit teils leidenschaftlichen Einbringungen erleben und selbst gestalten. Per Tagesordnung waren gleich drei Referate vorgesehen, was sich als unrealistische Vorgabe erwiesen hat. Von Anfang an machten Werner Girgert, Bernd Gökeler, Ralf Schrader und weitere Anwesende in nachdrücklichen Stellungnahmen klar, dass diese Veranstaltung von ihnen nicht als „Verkündungsparteitag“ (Girgert) verstanden werde. Es solle darum gehen, und dafür brauche es nun einmal gebührende Zeit, zu diskutieren, Positionen auszutauschen und Fragen bis hin zu Arbeitsaufträgen zu entwickeln. Mit Oberbürgermeister Egon Vaupel hat sich darüber eine lebhafte Debatte entwickelt, die das Stadtoberhaupt schließlich dazu veranlasste seine Zustimmung zu zentralen Forderungen zu geben. Zukünftig wird der Runde Tisch vierteljährlich, damit in deutlich kürzeren Abständen als bisher, einberufen werden. Zuletzt war man im Dezember 2013 zusammen gekommen. Auch hinsichtlich der Themen, sprich Tagesordnung, wollen die TeilnehmerInnen mitreden. So sagte Vaupel auch zu, dass beim nächsten Treffen die Planungen zur Bebauung des Vitos-Geländes an der Cappeler Straße vorgestellt werden.

dbau0603_0015_OB VaupelNach gut einstündiger Diskussion war man sich soweit einig geworden und die Versammlung konnte sich der ordentlichen Tagesordnung zuwenden. Insbesondere für Marburgs Oberbürgermeister war ebenso unübersehbar wie unabweisbar geworden, dass die in Sachen Wohnraumdefizite Engagierten deutlich ihre Vorstellungen einbringen und auch durchsetzen. Wie könnte es anders sein, wenn der Runde Tisch seiner Benennung gerecht werden soll. In dieser Sitzung bereits und zukünftig „versteht sich dieser Runde Tisch als Plattform für Austausch und Einflussnahme“, so subsumierte es Bernd Gökeler als Sprecher der MS-Selbsthilfegruppe Marburg-Biedenkopf.

Die zahlreichen 'offiziellen Teilnehmer' am Runden Tisch erlebten eine beharrliche Diskussion aus den Reihen der zahlreich Erschienenen. Dabei wurde deutlich, dass dialogischer Umgang miteinander notwendige Voraussetzung ist. Das ein Runder Tisch nur dann ergiebig werden kann, wurde gleichermaßen anschaulich wie als Forderung unabweisbar. Fotografien von Hartwig Bambey

Die zahlreichen ‚offiziellen Teilnehmer‘ am Runden Tisch erlebten eine beharrliche Diskussion aus den Reihen der zahlreich Erschienenen. Dabei wurde deutlich, dass dialogischer Umgang miteinander notwendige Voraussetzung ist. Das ein Runder Tisch nur dann ergiebig werden kann, wurde gleichermaßen unüberhörbar gemacht, wie als Forderung an die Stadt und OB Vaupel unabweisbar. Fotografien von Hartwig Bambey

Damit war die Hälfte der Sitzungszeit lebendig, kontrovers, in jedem Fall produktiv genutzt. Im Vortrag ‚Der Sozialwohnungsbestand in Marburg und die Nachfrage von preiswertem Wohnraum‘ veranschaulichte Fachbereichsleiter Peter Schmidt (Arbeit, Soziales, Wohnen) Zahlen und Hintergründe der problematischen Situation in Marburg hinsichtlich der Versorgung mit preiswertem und bezahlbaren Wohnraum. Trotz verschiedener Statistiken konnte dabei kein Überblick gar der Gesamtverhältnisse in Marburg entstehen. Dazu fehlt es im Wohnungsamt an geeigneten Zahlen, Erhebungen und wohl auch an Beauftragung. Zugleich wurde einmal mehr sichtbar und mit Zahlen unterlegt, dass in Marburg Wohnraum fehlt, insbesondere im Segment bezahlbarer Wohnungen. Dies hat bei der Veranstaltung auch niemand in Frage gestellt. Die Erkenntnis diesbezüglichen Handlungsbedarfes insbesondere seitens der öffentlichen Hand, vorneweg die Stadt Marburg, verbindet damit inzwischen die sehr verschiedenen Akteure im Rahmen des Runden Tisch.

dbau0603_0016_Sozialwohnungen Marburg_bearbeitet-1Deutlich machte dies auch der strukturierte Vortrag von Reinhold Kulle vom Fachdienst Stadtplanung zu ‚Entwicklungen im Marburger Sozialwohnungsbau‘. Es hat einmal mehr als 6.000 Sozialwohnungen in Marburg gegeben. Derzeit sind nur noch 2.394 Sozialwohnungen bei allen Wohnungsbaugesellschaften in Vermietung und bis zum Jahr 2018 wird dieser Bestand auf 1.903 weiter absinken. Eine Ursache ist eine gesamtgesellschaftliche / staatliche Abwendung von diesbezüglicher Förderung bei gleichzeitiger Privatisierung und Marktgläubigkeit. So hat es in Marburg seit den Neunziger Jahren keinen Neubau von Sozialwohnungen gegeben, berichtete Kulle. Gemeinsam mit Christian Wedler, Geschäftstellenleiter der GWH Wohnungsgesellschaft mbH Hessen, stellte er die Planung und Standorte der rund 300 von der GWH aktuell neu zu bauenden Sozialwohnungen vor. Wedler machte dabei deutlich, dass diese relativ große Zahl in Marburg ganz wesentlich dank Kooperation und Unterstützung seitens der Stadt zu Stande kommen werde.

Pläne und Ansichtsdarstellungen gibt es bereits zu neuen Sozialwohnungen im Bereich des Richtsberg.

Pläne und Ansichtsdarstellungen gibt es bereits zu neuen Sozialwohnungen im Bereich des Richtsberg.

Um kurz vor 19 Uhr den Versuch zu unternehmen den dritten Vortrag als Vorschau auf die in Arbeit befindliche Marburger Wohnungsmarktstudie noch unterzubringen, konnte nicht funktionieren. Dabei gab es nur stichwortartig einige Grundinformationen zum barrierefreien Bauen und dem diesbezüglich wachsenden Bedarf.

Werner Girgert regte an neben der städtebaulichen Integration der neu zu bauenden Sozialwohnungen deren Standorte hinsichtlich der ‚Sozialverträglichkeit‘ zu betrachten. Besonders im Waldtal und am Richtsberg gebe es nun einmal bereits eine überproportionale Dichte von Sozialwohnungen. Die Belastbarkeit eines Stadtteils mit weiteren Sozialwohnungen müsse Gegenstand der Betrachtungen werden.

Nach den Sommerferien soll zur nächsten Zusammenkunft Anfang September eingeladen werden, wie OB Vaupel versicherte. Als Tagesordnungspunkt dafür sind die Planungsüberlegungen zum Vitos-Gelände bereits festgelegt. Nach gut zwei Stunden verließen die meisten Teilnehmer den Sitzungssaal zufrieden.

Die lebendige Diskussion und das Einlenken der Stadt auf die teilnehmerseits vorgetragenen Forderungen wird begrüßt. Damit ist nach gut zweijährigem Diskussionsprozess zur Wohnungsnot in Marburg zumindest ein Schritt nach vorne getan. Freilich sind alle Beteiligten deutlich davon entfernt einen empirischen Überblick zu haben. Fakt ist alleine, dass es besonders an bezahlbarem zeitgemäßem Wohnraum signifikant mangelt. Die relative rege privatwirtschaftliche Bautätigkeit der letzten 10 Jahre hat daran nichts ändern können. Es gibt sehr viel zu tun. Ob die bei inwis in Auftrag gegebene ‚Wohnungsmarktsutdie‘ dazu qualifizierte Daten liefern wird, bleibt abzuwarten. Es ist längst an der Zeit, dass der Stadt und Bürgerschaft solide Daten und Fakten an die Hand gegeben werden.

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