Beteiligungstage für das „Landgrafenschloss der Zukunft“

14.04.2024 (pm/red) Im Zuge des Projekts „Landgrafenschloss der Zukunft“ laden die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg alle Interessierten zu Beteiligungstagen am 19. und 20. April 2024 ein, sich mit Ideen und Wissen an der …

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Finnland, Pionierland des Frauenwahlrechts

Frauenwahlrecht neinMarburg 8.10.2014 (red) Gastbeitrag von Ursula Wöll. Finnland, das diesjährige Gastland der Frankfurter Buchmesse, war das erste europäische Land, in dem auch Frauen wählen gehen durften sowie selbst gewählt werden konnten. Seit 1. Juni 1906 gibt es in diesem Land das allgemeine, gleiche Wahlrecht. Da sah Frankreich, die Wiege der Menschenrechte, ziemlich alt aus, erst ab 1944 durften die Französinnen wählen und sich wählen lassen. Zwar hatte sich vor allem der Philosoph Condorcet 1790 heftig für das Frauenstimmrecht stark gemacht: „Warum sollte eine Gruppe von Menschen, nur weil sie schwanger werden kann, nicht Rechte ausüben, die man denen niemals vorenthalten würde, die jeden Winter an Gicht leiden?“ Das einleuchtende Argument half der französischen Frauenrechtlerin Olympe de Gouges wenig. Sie musste wegen ihrer „Erklärung der Rechte der Frau und der Bürgerin“ von 1791 zwei Jahre später aufs Schafott steigen.

Auch in Finnland erhielten die Frauen das Wahlrecht nicht geschenkt. Die bürgerliche sowie die proletarische Frauenbewegung gingen dafür auf die Straße, so wie in ganz Europa und Amerika. Doch sieht man auf den Fotos der finnischen Demonstrationen auch Männer mitlaufen. Die Gräben zwischen den beiden Frauenbewegungen schienen hier tiefer als die zwischen den Geschlechtern. Denn in der breiten finnischen Abstinenzbewegung wirkten Frauen und Männer nebeneinander, wodurch viele Vorurteile über Frauen abgebaut worden waren. Zu Hilfe kam den finnischen Frauen auch die politische Weltlage.

Ihr Land gehörte damals noch zum zaristischen Russland. Als dort 1905 ein Volksaufstand mit Generalstreik begann, dehnte sich der Streik auch auf die finnische Provinz aus. Die nationalen Wellen schlugen hoch, die eine finnische Souveränität forderten. In seiner Not machte Zar Nikolaus II viele Zugeständnisse, er ließ das Frauenwahlrecht und die Wahlen zu einem eigenen Parlament zu, das er allerdings jederzeit absetzen konnte. 70,7 Prozent aller FinnInnen gingen damals wählen. Und als im Frühjahr 1907 dieses Parlament zusammentrat, waren unter den knapp 200 Abgeordneten 19 Frauen, und zwar aus allen Gesellschaftsschichten. Unter ihnen neben einer Adligen etwa Miina Sillarpää, ein ehemaliges Dienstmädchen. Sie hatte sich im Dienstmädchen-Verein für mehr Rechte dieser Gruppe eingesetzt und eine Dienstmädchen-Zeitung herausgegeben. Seitdem sie der Sozialdemokratischen Partei Finnlands beigetreten war, engagierte sie sich auch für die politischen Rechte der Frauen. 1926 wurde sie sogar Sozialministerin und damit die erste Frau in der finnischen Regierung.

In Deutschland erhielten erst am 12. November 1918 alle mindestens 20 Jahre alten Frauen und Männer das Wahlrecht. Gesetzlich fixiert wurde das am 30. November. So konnten die Frauen am 19. Januar 1919 erstmals auf nationaler Ebene wählen, und zwar die Deutsche Nationalversammlung. 82,4 Pozent der Männer und 82,3 Prozent der Frauen gingen denn auch zur Wahl – damals. Nach 1945 war das aktive und passive Frauenwahlrecht kein Thema mehr, nun stand die volle Gleichberechtigung auf der Agenda. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, um diesen Artikel 3 in unser Grundgesetz von 1949 zu schreiben, musste Elisabeth Selbert, eine der vier „Mütter des Grundgesetzes“ beharrlich die Empörung vieler Abgeordneter ertragen. So wichtig gesetzliche Fixierung ist: Papier ist geduldig, wir müssen diesen Artikel im Alltag leben.

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