Kasseler Klimaschutzpreis 2024 verliehen

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Mit fremden Federn – Nicht nur Native Americans trugen Federschmuck

Ausstellungsraum „Mit fremden Federn“. Foto Museum

Marburg 20.06.2019 (pm/red) Gastbeitrag von Ursula Wöll Das Hessische Landesmuseum für Kunst und Natur in Wiesbaden präsentiert eine ethnologische Sonderausstellung unter dem Titel „Mit fremden Federn“. Sie ist nicht nur prächtig anzusehen, sondern informiert auch über Gesellschaften, die in enger Tuchfühlung mit der Natur lebten und aus ihr für ihre Kunst schöpften. 300 Exponate aus aller Welt zeigen, wie sehr das farbenprächtige Federkleid vieler Vögel die Fantasie der Menschen einst anregte. Schon vor Jahrhunderten nutzten sie Vogelfedern im täglichen Leben oder verwandelten sie in kunstvolle Kreationen, in Federkunst. Sofort fällt einem da, Karl May sei Dank, der Kopfschmuck der Prärie-Indianer ein.

 

Die Vergangenheit wird lebendig

In allen fünf Kontinenten schufen die Menschen herrliche Objekte aus Federn. Sie schmückten sich mit ihnen, gaben ihren Ritualen den angemessenen Pomp oder signalisierten ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Das Museum zeigt nicht nur die kunstvollen Federarbeiten selbst. Es stellt die einzelnen, meist schon untergegangenen Kulturen vor, die diese Kunsttradition pflegten. Auch die Vögel werden beschrieben, denen man die Federn auf eine bestimmte Art raubte. Viele sind ebenfalls bereits ausgestorben oder selten geworden.

Seit wann genau die Menschen Federn nutzen, ist schwer zu sagen, weil Federn relativ vergänglich sind. Schon auf den Pfeilen der über 5000 Jahre alten Gletschermumie Ötzi wurden Federreste entdeckt, die sich im Eis hielten. In alten Gräbern fand man Federspuren, so etwa in einem Wikingergrab, in dem der Kopf des Toten auf Daunen gebettet war. Und als die Konquistadoren um 1500 Südamerika unterwarfen, blieb ihnen der Mund offen stehen angesichts der indigenen Kleidung mit all den farbenprächtigen Federumhängen und -kronen. Das Wiesbadener Museum besitzt relativ viele Objekte aus Amazonien, die der Naturforscher Maximilian zu Wied-Neuwied (1782 – 1867) auf seinen Reisen sammelte. Mit Gewehr und einem geschossenen Ara ließ er sich malen. Später besuchte er auch die Prairie-Indianer Nordamerikas. Karl May hat seine Schriften gelesen, aber trotzdem ein schiefes Bild dieser Gesellschaften entworfen.

Schönheit und Vergänglichkeit

Dem adligen Naturforscher entging wohl, dass die Einheimischen die Aras in Käfigen hielten und so an ihre bunten Federn herankamen, ohne sie zu töten. Viele dieser  Ethnien sind heute verschwunden, weil ihre Lebensweise an den Lebensraum Regenwald gebunden ist. Und der wird zunehmend abgeholzt. Die Zerstörung ist noch im Gang und nimmt unter dem jetzigen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro erneut Fahrt auf. Der Urwald muss Sojafeldern, Straßen oder Staudämmen weichen. By the way: In diesem Jahr wird der Fotograf und Umweltaktivist Sebastiao Salgado den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. Er stammt aus Brasilien und hat den Preis nicht nur durch seine Fotobücher, sondern auch sein Engagement verdient. So unterstützt er die awá, die nur noch wenige Großfamilien zählen und pflanzte hunderttausende Bäume neu.

Bekanntlich erlitt die indigene Bevölkerung Nordamerikas das gleiche Schicksal der Verdrängung. In Reservaten verlor sie ihre Traditionen, auch ihre Federkunst ist perdu. Die Ausstellung zeigt Exponate aus weiteren Kontinenten, vor allem aus Afrika und Asien. Sie gewährt Blicke in Lebenswelten, die heute real nicht mehr existieren. Damit erfüllt das Museum eine seiner wichtigsten Funktionen, an die Vielfalt menschlichen Zusammenlebens zu erinnern. Selbst junge Native Americans, die ihre historische Kultur wiederbeleben wollen, müssen nun die Museen aufsuchen. Auch Afrikaner auf der Suche nach ihrer Geschichte finden in westlichen Museumsarchiven hunderte der in der Kolonialzeit geraubten Masken. Diese sind oft kunstvoll mit Federn verziert, die Haare symbolisieren oder einfach den ästhetischen Reiz der Maske erhöhen. Apropos Afrika: Bereits 1838 entstand die erste Farm für den afrikanischen Strauß, weil der Riesenvogel auszusterben drohte. Die europäische Damenmode des 19. Jahrhunderts, Hüte mit Federn zu verzieren, hatte es so weit gebracht.

Beim Gang als Erwachsener durch diese große Sonderausstellung stellt sich ob all der Verluste an Vielfalt eine leise Trauer ein. Wieviel weniger geheimnisvoll und wieviel weniger schön ist doch unsere Welt von heute! Für Kinder jedoch ist die Ausstellung nur pures Vergnügen. Für sie, für Kitas und Schulklassen ist der Eintritt immer frei. An jedem ersten Samstag im Monat fordert das Wiebadener Museum in der Friedrich-Ebert-Allee 2 auch von Erwachsenen keinen Eintritt. Besonders am Samstag, dem 3. August, dreht sich alles um die Federausstellung. Von 12 bis 15 Uhr kann man mit Kind und Kegel in die farbenfrohe Federkunst eintauchen, es gibt Führungen und spezielle Angebote für Kinder. Die Ausstellung läuft noch bis zum März 2020. Der Katalog kostet 7 Euro.

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