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Corona-Krise in Fleischindustrie: Studie zeigt Dringlichkeit arbeits- und aufenthaltsrechtlicher Reformen

Kassel 21.05.2020 (pm/red) Durch massive Corona-Fälle in Fleischbetrieben sind die misslichen Arbeits- und Wohnbedingungen der dort Beschäftigten erneut in das öffentliche Bewusstsein gerückt worden. Das SOFI-Projekt „Refugees@work. Perspektiven der betrieblichen Integration von Flüchtlingen in Niedersachsen“ stellt nun seine Ergebnisse vor. Diese sprechen dafür, die umstrittenen Werkverträge für MitarbeiterInnen in den Schlachtereien abzuschaffen. Darüber hinaus müsste die Rechtsposition von MigrantInnen verbessert werden, die in der Fleischindustrie arbeiten. Zudem sollten Beratungsangebote der Beschäftigten erweitert und ein ständiges Monitoring der Fleischindustrie durchgeführt werden, schlagen die Autoren der Studie vor.

Corona-Infektionen in Schlachtereien haben die Bedingungen für dort Beschäftigte zum Thema gemacht, die durch das Werkvertragssystem geprägt sind. Befunde des SOFI-Projekts „Refugees@work“ zeigen, wie fehlende Ansprüche auf Leistungen der Sozial- und Krankenversicherung für ost- und südeuropäische MigrantInnen den Druck verstärken, Arbeit zu (fast) allen Bedingungen anzunehmen. Auch die Verknüpfung von Erwerbstätigkeit und Aufenthaltsrechten trägt zur Verwundbarkeit von MigrantInnen bei. Diese wird aktuell durch zusätzliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit erhöht. Eine Verbesserung der Rechtsposition von MigrantInnen ist deshalb ebenso dringlich wie das Verbot der Werkverträge.

„Schwere Arbeitsunfälle, extrem lange Arbeitszeiten und illegale Abzüge bei den Löhnen gehören in der Fleischindustrie zum Alltagsgeschäft,“ sagt Dr. Felix Bluhm, einer der Bearbeiter des Projekts. Sein Kollege Dr. Peter Birke ergänzt: „Auch die prekären Wohnbedingungen sind nicht neu. Dass Subunternehmen meist ebenfalls als Vermieter agieren, bedeutet für die Beschäftigten, dass der Verlust des Arbeitsplatzes oft gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit ist.“ Den Vorschlag, Werkverträge zu verbieten, sehen die Forscher positiv: „Werkvertragsvergabe führt dazu, dass weder die auftraggebenden Unternehmen noch die Subunternehmen Verantwortung für Arbeitsschutz und die Einhaltung rechtlicher Standards übernehmen. Ein Verbot wäre von daher nur konsequent“, sagt Prof. Dr. Nicole Mayer-Ahuja, Leiterin des Projekts und Direktorin des SOFI.

Dies allein sei jedoch unzureichend. „Viele der von uns Befragten machen den Job in der Zerlegung oder Industriereinigung, weil sie durch Sozial- und Aufenthaltsrecht gezwungen sind, quasi jede Arbeit anzunehmen“, so Peter Birke. „Eine unbürokratische und sanktionsfreie Gewährung von Leistungen der Grundsicherung sowie ein Zugang zu Wohnraum und Gesundheitsversorgung ist deshalb notwendig.“ Die Projekt-Ergebnisse verdeutlichen, wie wichtig Beratung und Unterstützung bei Ämtergängen ist:

„Die Befragten kümmern sich um ihre Anliegen und treten für ihre Rechte ein. Das Bild des wehrlosen Opfers ist falsch. Dabei wird Beratung durch Einrichtungen wie „Faire Mobilität“ oder die „Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg“ von den Befragten als ebenso wichtig wahrgenommen wie das Vorhandensein sozialer Rechte als solches.“ Dieses Beratungsangebot sei genauso auszuweiten wie ein ständiges Monitoring der Arbeits- und Lebensbedingungen in der niedersächsischen Fleischindustrie notwendig erscheint.

Das SOFI hat im Rahmen des Projekts „Refugees@work. Perspektiven der betrieblichen Integration von Flüchtlingen in Niedersachsen“ zwischen 2017 und Anfang 2020 rund 50 qualitative Interviews mit Beschäftigten und ExpertInnen aus einem Dutzend niedersächsischen Unternehmen der Fleischindustrie durchgeführt. Die Gespräche thematisieren die Arbeitssituation in der Branche, von der Schlachtung und Zerlegung in der Verarbeitung von Schweinen bis hin zur Industriereinigung bei Geflügelschlachtern. Zusätzlich wurden Unternehmen besichtigt und Management, Gewerkschaften und Beratungsstellen befragt.

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