Beziehung am Arbeitsplatz – Privatsache oder verboten?
10.06.2025 (pm/red) Wenn Menschen im Berufsleben eng zusammenarbeiten, kann es passieren, dass sich zwischen ihnen eine Beziehung entwickelt. So manche Liebesbeziehung hat am Arbeitsplatz ihrem Anfang genommen. Für Verliebte am Arbeitsplatz kommt es darauf an, sich professionell zu verhalten und die Arbeit nicht zu vernachlässigen. Eine Liebesbeziehung am Arbeitsplatz kann sogar förderlich für die Arbeitsleistung sein. Der Betriebsfrieden darf nicht gefährdet werden. Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber eine Beziehung am Arbeitsplatz nicht verbieten.
Rechtliche Grundlagen für Beziehungen am Arbeitsplatz
Ein Arbeitgeber darf eine Beziehung am Arbeitsplatz nicht von vornherein verbieten. Regelungen und Klauseln im Arbeitsvertrag, die eine Beziehung verbieten, sind ungültig. Da eine Beziehung am Arbeitsplatz laut dem Grundgesetz als Privatsache gilt, darf sie von Arbeitgebern und Vorgesetzten nicht bewertet oder verboten werden.
Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf von 2005 (LAG Düsseldorf, 14.11.2005, Az.: 10 TaBV 46/05) bestimmte, dass Beziehungen von Mitarbeitern auch durch die Ethikrichtlinie nicht untersagt werden dürfen. Das Urteil hatte folgende Begründungen:
- private Beziehungen unterliegen nicht der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats
- das Recht, zu entscheiden, ob und mit wem jemand eine Beziehung eingeht, ist Teil des Persönlichkeitsrechts und der Persönlichkeitsentfaltung
- eine Beziehung zwischen Mitarbeitern ist eine Privatangelegenheit der beteiligten Personen, die den Arbeitgeber zunächst nicht zu interessieren hat
Es gibt inzwischen weitere Urteile, die sich dieser Rechtsprechung angeschlossen haben.
Was ist erlaubt?
Verschiedene US-amerikanische Unternehmen wie Wal-Mart, McDonald’s oder IBM sorgten in der Vergangenheit für Schlagzeilen, da sie Beziehungen am Arbeitsplatz in Betriebsvereinbarungen verboten oder Mitarbeitern kündigten, die eine Liebesbeziehung miteinander eingingen. Die US-amerikanische Handelskette Wal-Mart verbot allen in Deutschland tätigen Mitarbeitern Beziehungen am Arbeitsplatz, unabhängig davon, ob es sich um gelegentliche Rendezvous oder um feste Beziehungen handelte. Wer eine Beziehung einging und sie nicht der Geschäftsleitung mitteilte, riskierte die Kündigung. Allerdings scheiterte dieses Verbot beim Arbeitsgericht.
Es ist grundsätzlich erlaubt, eine Beziehung am Arbeitsplatz einzugehen. Dabei kann es sich um verschiedene Arten von Beziehungen handeln:
- freundschaftliche Beziehung
- oberflächliche Beziehung mit gelegentlichen Treffen
- feste Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau
- homosexuelle Liebesbeziehung zwischen zwei Frauen oder zwei Männern
Alles ist erlaubt, wenn der Betriebsfrieden und die Arbeitsleistung nicht darunter leiden. Es ist auch erlaubt, die Beziehung öffentlich zu machen und sie vor Mitarbeitern und Vorgesetzten nicht zu verheimlichen.
Dennoch kann eine Beziehung zwischen Mitarbeitern eine Gratwanderung sein. In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber eingreifen.
Was darf der Arbeitgeber verbieten?
Bei einer Beziehung am Arbeitsplatz ist eine Abmahnung oder Kündigung nicht vollständig ausgeschlossen. Nicht die Partnerschaft oder Liebesbeziehung sind Gründe für eine Abmahnung oder Kündigung, sondern das Verhalten der Mitarbeiter. Mahnt der Arbeitgeber einen oder beide Mitarbeiter ab oder kündigt er ihnen, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung.
Der Arbeitgeber kann mit einer Abmahnung eingreifen, wenn:
- der Betriebsfrieden durch die Beziehung gestört ist und es zu Spannungen in der Abteilung oder im Betrieb kommt
- die Arbeit aufgrund der Beziehung vernachlässigt wird und die Arbeitsleistung darunter leidet
- Intimitäten ausgeplaudert werden
- Machtpositionen für Vorteile ausgenutzt werden
- die Beziehung zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung führt
- die Beziehung zu Interessenkonflikten führt
Der Arbeitgeber kann beiden Mitarbeitern kündigen, wenn ihr Verhalten trotz Abmahnung fortbesteht. Die Kündigung muss gut begründet sein, damit sie auch vor dem Arbeitsgericht Bestand hat.
Wann sollten Mitarbeiter Einspruch einlegen?
Mitarbeiter, die am Arbeitsplatz eine Beziehung eingehen und dafür eine Abmahnung oder Kündigung vom Arbeitgeber erhalten, können grundsätzlich Einspruch einlegen. Gibt es einen Betriebsrat, können sich die Mitarbeiter zunächst an den Betriebsrat wenden. Sinnvoll ist jedoch, wenn die Mitarbeiter einen Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren. Er kann prüfen, ob die Abmahnung oder Kündigung gerechtfertigt sind.
Zunächst kann der Fachanwalt versuchen, mit dem Arbeitgeber eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Ist eine außergerichtliche Einigung mit dem Arbeitgeber nicht möglich, kann der Rechtsanwalt die Interessen der Arbeitnehmer vor Gericht vertreten. Der Arbeitgeber kann die Kündigung zurücknehmen. Der Rechtsanwalt kann auch eine Abfindung für die Mitarbeiter aushandeln, deren Höhe von der Dauer der Betriebszugehörigkeit und vom Gehalt abhängt.
Auch dann, wenn der Arbeitgeber Mitarbeiter aufgrund einer Beziehung in eine andere Abteilung oder in eine andere Niederlassung versetzt, ist es sinnvoll, Einspruch einzulegen und sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu wenden.
Wie sich Mitarbeiter bei einer Beziehung am Arbeitsplatz richtig verhalten
Eine Beziehung am Arbeitsplatz wird weder Vorgesetzte noch Kollegen stören, wenn sich die Mitarbeiter richtig verhalten. Ist die Beziehung gefestigt, sollten die Mitarbeiter offen damit umgehen. Offenheit ist der beste Schutz vor Anfeindungen. Die Mitarbeiter sollten ihr näheres Umfeld, aber auch ihre Vorgesetzten über die Beziehung informieren.
Knutschereien und private Liebesbotschaften per E-Mail oder WhatsApp am Arbeitsplatz sollten tabu sein. Es ist wichtig, Berufliches und Privates voneinander zu trennen. Die Arbeit darf aufgrund einer Beziehung nicht vernachlässigt werden.
Liebe mit einem Vorgesetzten ist nicht verboten, doch kommt es darauf an, dass die Machtposition nicht ausgenutzt wird.
Schließlich kann es passieren, dass eine Beziehung am Arbeitsplatz irgendwann endet. Auch dann ist professioneller Umgang wichtig. Ein Rosenkrieg darf nicht am Arbeitsplatz ausgetragen werden. Die Mitarbeiter sollten am Arbeitsplatz weiterhin sachlich und fair miteinander umgehen.