Evangelische Theologinnen kritisieren zunehmend frauenfeindliche Trends in Demokratien
01.07.2025 (pm) Die im Konvent evangelischer Theologinnen organisierten Frauen kritisieren eine zunehmend rückständige Haltung in vielen Demokratien der Welt. „Mit Sorge beobachten wir, dass in vielen Ländern grundlegende Menschenrechte zunehmend infrage gestellt und aktiv eingeschränkt werden – besonders bei queeren Menschen und Frauen“, sagt die Vorsitzende des Konvents evangelischer Theologinnen, Margit Baumgarten.
„Es ist kein Einzelfall, dass in modernen Gesellschaften wieder homophobe und antifeministische Haltungen populär werden, patriarchale Strukturen unter dem Deckmantel von Tradition oder Religion ein Comeback erleben und so zum Abbau von Gleichstellung und dem Ausblenden von Vielfalt beitragen“, sagt die Vorsitzende. „Die Tendenz dazu sehen wir auch in Deutschland. Dagegen wehren wir uns entschieden“, betont Baumgarten.
Ein Beispiel für diese Entwicklung sei die Inszenierung des verklärten Frauenbildes aus den 1950er Jahren in den sozialen Medien, die sogenannte Tradwife-Bewegung. „Das Leben als scheinbar freiwillig untergeordnete Ehefrau und Mutter, präsentiert im Glanz von Luxus und religiösem Pathos: Diese Ästhetik verschleiert Machtmissbrauch, Abhängigkeit und strukturelle Gewalt. Sie hat mit der Lebensrealität der meisten Frauen auf dieser Welt nichts zu tun und ist oft Bestandteil einer rechtsextremen Ideologie, die als harmlos dargestellt wird“, kritisiert Baumgarten.
Der Konvent evangelischer Theologinnen besteht seit 100 Jahren. Auf der Jubiläumsfeier in Marburg positionierten sich die im Verband engagierten Frauen kürzlich klar gegen die Einschränkung von Menschenrechten. „Die Würde und die Rechte jedes Menschen sind unantastbar und unteilbar. Diese Überzeugung ist für uns nicht nur politisch, sondern theologisch begründet. Alle Menschen sind gleich an Rechten und Würde geschaffen – wer das infrage stellt, handelt gegen das, was christlicher Glaube im Kern bedeutet“, fasst die Vorsitzende die Beschlüsse des Verbandes zusammen.
Auch innerhalb der Kirchen erlebten Frauen und queere Personen strukturelle Benachteiligung, etwa im Zugang zu Leitungsämtern, im Berufsalltag oder durch theologische Narrative, die ihre Gleichberechtigung infrage stellten. Diskriminierung sei keine Randerscheinung der Historie, sondern auch heute Teil kirchlicher Realität.
„Deshalb fordern wir: Die Kirche muss ihrer Verantwortung als Arbeitgeberin gerecht werden. Gleichstellung und Chancengleichheit dürfen keine Frage von Einzelinitiativen oder Goodwill bleiben, sondern müssen kirchenrechtlich verbindlich geregelt sein“, betont Baumgarten. Es brauche klare, durchsetzbare rechtliche Grundlagen zum Schutz vor geschlechtsbezogener und gruppenbezogener Diskriminierung. Jede menschenfeindliche Äußerung – egal ob in der Verkündigung, der Seelsorge, im Religionsunterricht oder anderen kirchlichen Bereichen – müsse benannt und geahndet werden.
„Die Kirchen sind gefordert, hierfür weiter tragfähige rechtliche Instrumente zu schaffen. Denn eines ist für uns klar: Eine Kirche, die für sich beansprucht, den Menschen zu dienen, muss zuerst ihre eigenen Strukturen menschenwürdig und gerecht gestalten“, betont die Vorsitzende.