Pflege durch Angehörige zentrale Stütze des deutschen Pflegesystems
09.10.2025 (pm/red) Von den 5,7 Millionen pflegebedürftigen Menschen gemäß Elften Sozialgesetzbuch in Deutschland werden 86 Prozent in Privathaushalten gepflegt, gemäß Daten des Sozio-oekonomischen Panels. Bis 2050 wird eine Zunahme der Pflegebedürftigen auf 9 Millionen erwartet. So kann und muss befremden, wenn in Berlin derzeit eine Abschaffung der Pflegestufe 1 in die Diskussion gebracht wurde. Betroffen davon wären rund 800.000 Menschen, allesamt Leistungsberechtigte und Beitragszahler in die Pflegekasse.
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA), des DIW Berlin und der TU Dortmund haben aktuelle Pflegearrangements untersucht. Pflege im eigenen Haushalt richtet sich oft an den/die Partner/in und dies häufig im Rentenalter, wird informiert. Dabei sind die Pflegenden seltener berufstätig. Das Haushaltsnettoeinkommen wird dadurch pro Kopf deutlich niedriger als im Durchschnitt; Pflegegeld spielt damit für das Haushaltseinkommen eine größere Rolle.
„Pflegende Angehörige tragen die Hauptlast des Pflegesystems. Ihre Rolle erfordert eine stärkere Berücksichtigung in der Ausgestaltung künftiger Pflegepolitik,“ erläutert Nadiya Kelle, Wissenschaftlerin am DZA.
Anstelle von Streichungen oder Kürzungen wäre die Einführung von Familienpflegegeld ein konstruktiver Beitrag zur Stärkung der Leistungen seitens der Angehörigen. Damit würde die Zahl der Menschen und Quote von Aufenthalten in Pflegheimen niedriger gehalten. Angesichts von Zuzahlungen von über 3.000 Euro monatlich für die meisten ohnehin nicht zu stemmen.
Eine „ehrliche Auseinandersetzung“ mit den Folgen, die die private Pflege eines Angehörigen etwa mit Blick auf finanzielle Belastungen bedeutet, fordert Dr. Alexia Zurkuhlen vom Vorstand des Kuratoriums Deutsche Altershilfe. Sie wies darauf hin, dass Studien zufolge die Einbußen durch Reduktion der Arbeitszeit sowie damit verbundene Renteneinbußen und weiteren Faktoren im Schnitt bei mehreren Hundert Euro jeden Monat liegen. „Nicht selten stellt die private Pflege ein Armutsrisiko für die Hauptpflegeperson dar, und das sind meist Frauen“, sagte Zurkuhlen.
Die finanziellen Folgen, die aus einer privaten Pflegeverantwortung entstehen, würden in der öffentlichen Debatte oft im Hintergrund bleiben. Mit zunehmender Dauer der Pflegesituation komme es aber immer häufiger dazu, dass Erwerbstätige mit Pflegeverantwortung ihre Arbeitszeit reduzieren. Dies führe zu Einkommenseinbußen, niedrigeren Rentenansprüchen, abnehmender beruflicher Teilhabe und manchmal auch zu gesellschaftlicher Ausgrenzung.