BUND-Tipp: Osterfeuer mit Bedacht

13.03.2024 (pm/red) Am Osterwochenende wird das Frühjahr oft mit einem Osterfeuer begrüßt.  Wie das Brauchtumsfeuer tier- und umweltfreundlicher wird erklärt der hessische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen).

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Universität und Stadt Marburg erinnern an „Massaker von Mechterstädt“ – Gedenktafel zur Ermordung von 15 thüringischen Arbeitern am 25. März 1920

Titelseite eines Ausstellungskataloges zum Massaker von Mechterstedt. Die historische Ausstellung wurde von Prof. Dr. Bruno W. Reimann, Gießen gestaltet.

Marburg 04.04.2019 (pm/red) Bei einer gemeinsamen Gedenkstunde der Philipps-Universität, der Stadt Marburg und des Allgemeinen StudentInnenausschusses (AStA) der Philipps-Universität wurde am Dienstag, 2. April 2019, an der Alten Universität in Marburg eine Gedenktafel für 15 ermordete Arbeiter aus der Gemeinde Thal enthüllt. Die Arbeiter waren am 25. März 1920 im thüringischen Mechterstädt von Marburger Studenten erschossen worden. Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause, Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und AStA-Vorsitzende Luisa Bischoff weihten die Gedenktafel ein. An der Gedenkstunde nahmen auch Dr. Gerald Slotosch, Bürgermeister der Stadt Ruhla, zu der die Gemeinde Thal heute gehört teil.

„Die Philipps-Universität ist ein weltoffener Ort für Forschung und Lehre. Hierzu gehört auch, die eigene Geschichte kritisch zu betrachten“, sagte Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause. „Der Justizskandal um die Morde von Mechterstädt und das schändliche Verhalten der weitaus überwiegenden Mehrheit von Universitätsvertretern fordert gerade heute ein Eintreten für die Demokratie in Wissenschaft und Öffentlichkeit.“

Vor dem Hintergrund eines Stadtverordnetenbeschlusses der Stadt Marburg aus dem Jahr 2017 hat sich eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Universität, der Universitätsstadt Marburg und des Allgemeinen StudentInnenausschusses der Philipps-Universität sowie Mitgliedern der Geschichtswerkstatt Marburg intensiv mit dem Text und einem geeigneten Anbringungsort befasst und sich für die Alte Universität als Repräsentationsort der Universität entschieden.

„Dass wir heute gemeinsam an dieser Stelle der Morde von Mechterstädt gedenken, ist Ausdruck einer langjährigen Auseinandersetzung mit dem Thema“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Lassen Sie uns vor den Opfern und ihren Familien den Kopf neigen und ihnen Respekt erweisen, indem wir die Morde in Mechterstädt als Verpflichtung begreifen, heute und in Zukunft entschlossen für Demokratie und Rechtstaat zu kämpfen.“

„Die Wurzeln des Faschismus, die die Morde und die anschließende Vertuschung und Legitimierung der Taten ermöglichten, sind weiter in unserer Gesellschaft. Die Gedenktafel muss deswegen von den Vertreterinnen und Vertretern der Stadt, der Universität und der Student*innenschaft als erster Schritt auf dem Weg der Aufarbeitung der Ereignisse gesehen werden“, sagte Luisa Bischoff vom AStA-Vorstand. „Verantwortung und Aufklärung sind wir den Opfern und ihren Hinterbliebenen bis heute schuldig geblieben.“

Hintergrund
Nach dem gescheiterten Kapp-Putsch im März 1920 kam es in Thüringen zu einem anhaltenden Arbeitskampf. In den bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen unterstützten Marburger Studenten im bewaffneten Studentenkorps Marburg (StuKoMa) als Zeitfreiwillige die Reichswehr im Kampf gegen linksgerichtete Arbeiter. Am 24. März 1920 besetzte ein Kommando des Marburger Studentenkorps die Gemeinde Thal. Die Studenten nahmen 15 Männer fest, die als „Vertrauenspersonen der Arbeiterschaft“ galten. Den Verhafteten wurde vorgeworfen, sie rebellierten gegen die nach dem Kapp-Putsch wiederhergestellte staatliche Ordnung. Sie sollten deshalb nach Gotha gebracht und verhört werden. Auf der Landstraße in Höhe von Mechterstädt wurden die unbewaffneten Männer durch Kopfschüsse getötet.

Die Mitglieder des Kommandos, neun Korpsstudenten und fünf Burschenschafter, wurden vor dem Kriegsgericht der 22. Division der Reichswehr in Marburg und dem Schwurgericht in Kassel angeklagt und in beiden Instanzen freigesprochen. Die Darstellung der Angeklagten, es habe sich um die Vereitelung von Fluchtversuchen gehandelt, wurde akzeptiert. Preußens Kultusminister Konrad Haenisch (SPD) sprach daraufhin vom „feigen Meuchelmord der Marburger Buben“ und brachte damit große Teile der deutschen Studentenschaft gegen sich auf. Die Marburger Studentenschaft verurteilte die Äußerung Haenischs, der sich schließlich dafür entschuldigte. Im Namen der Philipps-Universität dankten deren Deputation und Rektor Wilhelm Busch den Studenten für ihren Einsatz in Thüringen.

Text der Gedenktafel:
„Am 25. März 1920 erschossen Studenten der Universität Marburg
als Mitglieder eines militärischen Freikorps im thüringischen Mechterstädt
15 gefangengenommene Arbeiter aus der Gemeinde Thal.
Die politischen Morde wurden später von der Studentenschaft
und der Leitung der Universität gebilligt.
In einem der größten Justizskandale der jungen Weimarer Republik
sprach ein Kriegsgericht die Täter frei.
Wir erinnern an die Morde von Mechterstädt und begreifen sie als Mahnung,
jederzeit für Demokratie und Freiheit einzutreten.“

Eine Begleitdokumentation zum zeithistorischen Hintergrund von Dr. Klaus-Peter Friedrich findet sich online.

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