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Gedenkbuch für politisch Verfolgte eröffnet Aneignung und Zugänge

Marburg 11.9.2012 (yb) Wer in Marburg an politisch Verfolgte in der Zeit des NS-Regimes denkt, dem wird bald der Name und die Geschichte von Wolfgang Abendroth in den Sinn kommen. Doch über den später als Hochschullehrer tätigen Abendroth hinaus hat es sehr viel mehr Frauen und Männer gegeben, die Opfer politischer Verfolgung in Hessen geworden sind. Erforscht und dokumentiert findet sich jetzt das individuelle Schicksal von 3.834 Menschen, die in Hessen wegen Ablehnung und Widerstand und später des Krieges des NS-Regime zu langjährigen Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Auch Todesurteile wurden ausgesprochen und vollstreckt. Als Ergebnis langjähriger Forschungen hat jetzt Dr. Wolfgang Form zusammen mit Theo Schiller und Karin Brandes als Herausgeber ein Gedenkbuch veröffentlicht. Als Band 65.3 hat die Historische Kommission für Hessen das Werk unter dem Titel ‚Die Verfolgten der politischen NS-Strafjustiz in Hessen. Ein Gedenkbuch‘ veröffentlicht. Damit ist zugleich klar, dass es zwei vorhergehende Bände gibt. Darin hat der politisch-historische Kontext bereits  auf über 700 Seiten eine ausführliche Darstellung gefunden.***

Wieder einmal ist es auf Grundlage langjähriger Forschungen gelungen und geleistet worden in die Tiefe und mit dezidierter Blickrichtung auf die Opfer in wichtige Bereiche des Unrechts- und Gewaltherrsschaftsystems Nazi-Deutschlands vorzudringen. Anliegen des 440 Seiten umfassenden Werkes ist es an die betroffenen Menschen zu erinnern. Ihre Namen, mit Geburtsdatum und Lebensort, sowie der Grund ihrer Verfolgung und Verweise auf Archive oder Falldarstellungen finden sich veröffentlicht. Damit wird der Betroffenen persönlich gedacht und ihnen wird eine späte Würdigung zuteil. Zugleich wird eine wichtige Grundlage für weitere Forschungen und Darstellungen gegeben. Ob Familienangehörige oder lokale Geschichtsforscher, eine Vertiefung, Erforschung und Pulikation der je ganz persönlichen Geschichte harrt jetzt darauf personenbezogen oder ortsbezogen erzählt zu werden.

Die strafrechtliche Verfolgung politisch Andersdenkender durch das Nazi-Regime stützte sich auf Deliktvorwürfe wie ‚Vorbereitung zum Hochverrat‘, ’staatsfeindliche Mundpropaganda‘, ‚Landesverrat‘ und später auf ‚Wehrkraftzersetzung‘. Mithilfe solcher oftmals willkürlich überdehnter ‚Tatbestände‘ wurde jegliche Kritik am NS-Regime strafrechtlich verfolgt und geahndet. Ob das Verteilen von Druckschriften mit drei und mehr Jahren Zuchthaus bestraft wurde, oder so genannte staatsfeindliche Äußerungen mit mehrjährigem Freiheitsentzug belegt wurden – 1944 als Wehrkraftzersetzung gar mit dem Tode bestraft – bildete die Grundlage der Forschungen über die Opfer der politischen NS-Strafjustiz.

Wolfgang Form zeigt in seinem Arbeitszimmer im Landgrafenhaus das Gedenkbuch für Verfolgten der politischen NS-Strafjustiz in Hessen, zugleich der dritte Band und Abschluss seiner Forschungen über die politische NS-Justiz in Hessen. Foto Hartwig Bambey

Das neu erschienene Gedenkbuch dokumentiert und publiziert die Namen aller Angeklagten und Basisinformationen zu den Gerichtsverfahren – dazu zählt das jeweilige Gericht und die politische Richtung des Anklagevorwurfs sowie der Zugang zu den Akten der ausgewerteten Gerichtsverfahren in der Mikrofiche-Edition und in den hessischen Staatsarchiven. Die Daten des Gedenkbuches ergeben sich aus umfangreichen Forschungen über politische NS-Justiz in Hessen, die 1996 bis 2002 an der Philipps-Universität geleistet und 2005 publiziert wurden.
Als einer der Herausgeber und maßgeblicher Bearbeiter informiert Dr. Wolfgang Form Inhalte und Intentionen dieses Gedenkbuches. Per Mausklick auf die Pfeilspitze links startet die Gesprächsaufzeichnung.

***Wolfgang Form und Theo Schiller (Hrsg.), Politische NS-Justiz in Hessen. Die Verfahren des Volksgerichtshofs, der politischen Senate der Oberlandesgerichte Darmstadt und Kassel 1933-1945 sowie Sondergerichtsprozesse in Darmstadt und Frankfurt / M. 1933/34

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