Kasseler Klimaschutzpreis 2024 verliehen

22.04.2024 (pm/red) Die Gewinnerinnen und Gewinner des zweiten Kasseler Klimaschutzpreises stehen fest. Am 21. April wurden die Preise auf dem Tag der Erde überreicht. Die Ausgezeichneten sind: Scientist for Future Kassel in der Kategorie „Personengruppe“ …

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Neuartiges Lichtmikroskop wird in Marburg getestet

Ein "Foto" zur Anschauung des wissenschaftlichen Themas: Grün: Interneuron, Luzifer Gelb, Rot: Purkinje Zelle, Texas Rot, Dr. M. Häuser, Dr. B. Clark, Universitätscollege London. (Quelle Leica Microsystems)

Marburg 20.2.2011 (yb) Derzeit testet das Institut für Zytobiologie der Philipps-Universität als eines von weltweit vier Instituten ein Mikroskop mit einer Auflösung weit unterhalb der Beugungsgrenze, ein sogenanntes Nanoskop. „Mit dieser neuartigen optischen Nanoskopie können Auflösungen von bis zu 25 Nanometern erreicht werden. Damit lassen sich subzelluläre Strukturen oder Proteinkomplexe weit unterhalb der lichtmikroskopischen Auflösungsgrenze darstellen“, sagt der Zellbiologe Prof. Ralf Jacob dazu. Die neue Technologie wird bis September im  zellbiologischen Sonderforschungsbereich 593 in Marburg getestet.

Einblick in die Zellen wird möglich

Anordnungen von Proteinen und anderer Biomoleküle in Zellen detailgetreu abzubilden und molekulare Vorgänge zu beobachten, soll Forschern aufgrund von Auflösungen jenseits der Beugungsgrenze ermöglicht werden. Je mehr Einblick Forscher in diese grundlegenden Prozesse des Lebens gewinnen können, desto besser können Ursachen von bisher unheilbaren Krankheiten aufgeklärt und geeignete Therapien entwickelt werden – das jedenfalls ist eine Zielstellung dabei.

Im Dateinamen dieser Illustration zugleich die Erklärung für Biologen: Primäre Mausneuronen (Hippocampus), Blau: DNA, DAPI, Grün: GFP, Rot: Texasrot, Grau: DIC, Transmission. (Quelle Leica Microsystems)Fluoreszensmarker, Biomoleküle

Merkmal dieser neuen Mikroskopwerkzeuges sei, dass es mit herkömmlichen Fluoreszenzmarkern auskommt, um Proteine oder andere Biomoleküle innerhalb der Zelle auf wenige Nanometer scharf darzustellen, wird ergänzend mitgeteilt. Dann ist ja alles klar.
Ist es das? Mitnichten wird mit dieser Meldung klar, worum es geht. Daran ändert auch deren Erscheinen auf diversen wissenschafts-orientierten Online-Kanälen wenig.

Ein Pressetermin vor Ort samt nachfolgender Pressemitteilung informieren beinahe lapidar über eine neue Technologie und deren Anwendungsmöglichkeiten. Hier lohnt einmal genauer hinzusehen, es ist geradezu notwendig um gewissermaßen etwas Licht und damit Verstehensmöglichkeit hinein zu bringen. In dieser Technik verbergen sich erhebliche und charakteristisch neue Möglichkeiten – in einem aus der Physik abgeleitetem Sprachbild könnte zutreffend von einem Quantensprung gesprochen werden. Dazu soll etwas in die Tiefe zu gegangen werden. „Proteine oder andere Biomoleküle innerhalb der Zelle auf wenige Nanometer scharf darzustellen“ so die Kernaussage, als Werkzeug diene dafür ein neuartiges optisches Mikroskop.

Nanowelten – Vom Sichtbaren und Unsichtbaren

Wer als Normalsterblicher über das Licht nur einiges Grundwissen hat, könnte und müsste hier stutzig werden. Als moderner Mensch hat man sich jedoch längst an das Phänomen der Black Box gewöhnt. Mensch muss damit leben, dass nur noch Spezialisten in die schwarzen oder andersfarbigen Kästen hineinblicken und vor allem durchblicken. Ständig nutzen Menschen Maschinen, ohne zu wissen und zu verstehen, wie Maschine und Gerät eigentlich funktionieren. Jetzt wird in Marburg ein neues Lichtmikroskop mit Darstellungsmöglichkeiten von bei 25 Nanometer Wellenlänge und darunter getestet.

Zunächst hilft hier Wikipedia weiter. Dort finden sich kompakt Grundinformationen zum Licht: „Das für Menschen sichtbare Licht ist ein Bereich der elektromagnetischen Strahlung. Dieser erstreckt sich von etwa 380 bis 780 nm Wellenlänge, was einer Frequenz von etwa 789 bis 385 THz entspricht. Eine genaue Grenze lässt sich jedoch nicht angeben, da die Empfindlichkeit des menschlichen Auges an den Wahrnehmungsgrenzen nicht abrupt, sondern allmählich abnimmt. Die an das sichtbare Licht angrenzenden Bereiche der Infrarotstrahlung und Ultraviolettstrahlung werden häufig ebenfalls als Licht bezeichnet.“
Das menschliche Auge kann also nur elektromagnetische Wellen zwischen etwa 800 und 400 Nanometer Wellenlänge sehen und wahrnehmen. Dazu findet sich bei Wikepedia eine brauchbare Illustration.

Die Grafik zeigt verschiedene Lichtfarben, mithin Licht in unterschiedlicher Wellenlänge. Zudem wird gezeigt, welche Wellenlängen und damit Farben vom menschlichen Auge wahrgenommen werden können. Licht mit kürzerer Wellenlänge als 400 Nanometer (nm) wird unsichtbar, ist ultraviolettes Licht. Licht mit längerer Wellenlänge als 800 nm wird ebenfalls unsichtbar, ist infrarotes Licht. (Grafik Wikipedia)

Jeder Physiker und informierte Laie weiß also, dass mit dem sichtbaren Licht Wellenlängen zwischen 400 und 800 Nanometer zur Verfügung stehen. Das machte und macht viel Nachdenken und Forschung notwendig, weil damit zugleich physikalische Grenzen definiert sind. Unterhalb der Wellenlänge des sichtbaren Lichts lässt sich keine sichtbare Abbildung erzeugen. Doch jetzt sollen in Marburg mit einem optischen Mikroskop Strukturen von nur 25 Nonometer Größe und darunter scharf abgebildet werden. Wie funktioniert das? Leider informiert darüber nicht der Presseartikel. Auch beim Hersteller des Mikroskops, der es ja bewußt Nanoskop nennt, lassen sich keine weiterführenden Informationen finden. So zunächst erst einmal einiges über den Hersteller, der nicht weit von Marburg entfernt, in Wetzlar, seinen Sitz hat.

Hintergrundinformation Leica Microsystems

Leica Microsystems ist ein führender Entwickler und Hersteller von innovativen optischen High-Tech-Präzisionssystemen für die Analyse von Mikrostrukturen. In den Bereichen Mikroskopie, konfokale Lasermikroskopie und entsprechende Bildanalyse, Probenvorbereitung mikroskopischer Objekte sowie Medizintechnik gehört Leica Microsystems zu den Marktführern. Die Gesellschaft fertigt eine breite Palette von Produkten für eine Vielzahl von Anwendungen, die eine mikroskopisch visuelle Darstellung, Messung und Analyse erfordern. Das Angebot umfasst Systemlösungen im Bereich Life Science einschließlich Biotechnologie und Medizin sowie Werkstoffwissenschaft und industrielle Qualitätskontrolle. Mit elf Produktionsstätten in acht Ländern, Vertriebs- und Servicegesellschaften in 19 Ländern und einem internationalen Händlernetzwerk ist das Unternehmen in mehr als 100 Ländern tätig. Sitz des internationalen Managements ist Wetzlar.

DUV-Mikroskope eröffnen neue Möglichkeiten

Die Firma Leica Microsystems ist seit vielen Jahren mit der Nachfrage und Anforderungen höherer Abbildungsleistungen für Mikroskope konfrontiert. Die voranschreitenden Computer- und Halbleiterindustrien brauchen für immer schnellere und größere Rechenleistungen und Speichermedien Kontroll- und Meßinstrumente, die immer feinere Stukturen im Nanometerbereich erkennen, unterscheiden und scharf abbilden können. So werden Mikroskope etwa in der Waver-Produktion zur Qualitätskontrolle eingesetzt. Die auf Waverscheiben in großindustriellen Maßstab hergestellten Chips als Bausteine der Computerindustrie benötigen inzwischen längst Abbildungsleistungen, die im Bereich sichtbaren Lichts nicht mehr erzielbar sind. So ist man den Weg gegangen, Lichtwellen mit kürzerer Wellenlänge, unter 400 Nanometer bis 200 Nanomter, zu nutzen. Damit befindet man sich im Bereich Ultravioletten Lichts (UV) und Tiefen Ultravioletten Lichts, englisch: Deep Ultraviolet Light (DUV). Physiker und darauf aufbauend Hersteller haben also einen einen Weg gefunden immer kleinere Nanostrukturen abbilden und damit entsprechende Produktiosabläufe kontrollieren (Qualitätskontrolle) zu können. Dafür musste allerdings der Bereich sichtbaren Lichts verlassen werden.

Wachsende Datenmengen auf Datenträgern erfordern immer kleinere Massstäbe samt zugrunde liegender Technologien. Dies schließt optische Kontrollmedien und Lesegeräte ein. (Übersicht aus Wikipedia)

Nicht alleine Wissenschaft will immer kleinere Massstäbe, Auflösungen und Anwendungen. Für viele Computernutzer gehört die CD als Datenträger längst zu alten Eisen. Sie wird inzwischen weitgehend von der DVD abgelöst. Der Grund ist einfach, eine DVD kann eine deutlich höhere Datenmenge aufnehmen als eine CD. Doch das geht nur dank voranschreitender Miniaturisierung. Diese findet seit vielen Jahren im Nanobereich statt. Die Entwicklung bei optischen Datenträgern geht weiter und bringt nunmehr die Disc auf Blu-ray-Basis. Zum Einsatz kommt dabei Licht mit kürzerer Wellenlänge, das ist blaues Licht. Das wird im Englischen korrekt blue ray (übersetzt blauer Strahl) geschrieben. Als Namensbezeichnung wurde jedoch die Schreibweise Blu-ray festgelegt.

Wie schafft Nanoskopie eine Abbildungsleistung von 25 Nanometer?

Doch geht es an der Marburger Uni nicht um Computerentwicklung oder Speichermedien. Das neuartige Mikroskop kommt bei den Life-Sciences zum Einsatz. Zunächt einmal wird hier nicht mehr von Mikroskopie gesprochen. Nanoskopie wird als neuer Begriff verwendet. Mit dieser neuartigen optischen Nanoskopie mit dem Namen GSDIM, abgeleitet vom englischen ground state depletion microscopy followed by individual molecule return, können Auflösungen von bis zu 25 Nanometern erreicht werden. Biologen und anderen Forschern im Berich des Molecular Imaging gelingt es mit Verwendung von Fluoreszenzmarkern Proteine oder andere Biomoleküle innerhalb der Zelle auf wenige Nanometer scharf darzustellen. Na prima. Sogar solche Bilder, Fotos, Abbildungen gibt es und sie sehen auch reizvoll aus. Alleine sagen die vorliegenden Informationen nicht über das bildgebende Verfahren, was alledem, also der GSDIM zu Grunde liegt. Sorry, werte Leser, dabei hat auch Wikipedia nicht weiterhelfen können. Zu neu und zu frisch, gerade erst erforscht ist das Verfahren. Es geht jetzt zum ersten Mal in Erprobung. Es lässt sich also nicht vermeiden bei Leica Microsystems dazu nachzufragen. Das wird ein wenig dauern. Vielleicht bis nächsten Sonntag. Einstweilen noch ein reizvolles Foto und den Link zu dem vielsagenden aber wenig erklärenden Bericht der Philipps-Universität.

D. melanogaster, Ei. (Foto Leica Micosystems)

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