Kasseler Klimaschutzpreis 2024 verliehen

22.04.2024 (pm/red) Die Gewinnerinnen und Gewinner des zweiten Kasseler Klimaschutzpreises stehen fest. Am 21. April wurden die Preise auf dem Tag der Erde überreicht. Die Ausgezeichneten sind: Scientist for Future Kassel in der Kategorie „Personengruppe“ …

Lesen Sie den gesamten Beitrag »
Kultur

Hessische Geschichten

Kassel

Hessen Kassel Heritage

Kunst

Home » Parteien, Stadt Marburg

Veruntreuung, Verurteilung, Verunmöglichung

Gemeinsame Gedenkminute der Stadtverordneten an die Opfer der Katastrophen in Japan im Bürgerhaus Cappel zur abschließenden Sondersitzung. (Foto Hartwig Bambey)

Marburg 4.4.2011 (yb) Zum Beginn des Sondertermins und letzten Sitzung der Stadtverordneten am 31. März 2011 haben sich die Marburger Mandatsträger für die Opfer der Katastrophen in Japan zu einer Gedenkminute erhoben. Der Stadtverordnetenvorsteher artikulierte Worte der Betroffenheit und des Mitgefühls und hat damit zugleich einen Initiativantrag der Fraktion Marburger Linke aufgegriffen. Zu gegebener Zeit soll außerdem eine gezielte finanzielle Zuwendung an Opfer in Japan auf den Weg gebracht werden. Nach einem mündlichen Rückstandsbericht von Bürgermeister Kahle zu einer ausführlichen Anfrage das betreffend Klimabündnis konnte sich das Stadtparlament Anlass und Thematik dieser Sondersitzung zuwenden.

Zu dem Termin dieser von CDU unterstützt von MBL beantragten Sondersitzung gab es zunächst eine Kontroverse. Für eine Sondersitzung hatte sich auch die Mehrheit im Akteneinischtausschuss ausgesproche, hatte dafür einen Termin nach der Kommunalwahl vorgeschlagen. Folgerichtig wurde die Terminierung erst nach der Kommunalwahl kritisiert, womit Wählern die Beschäftigung und Einbeziehung in ihre Wahlentscheidung genommen worden sei. Diese Kritik wurde mit Verweis auf die erst am 29. März per Bericht abgeschlossene Arbeit des Ausschuss zurückgewiesen.

Vorstellung des Berichtes durch Gerlinde Schwebel

Es war ein letztes Mal an der scheidenden Stadtverordneten Gerlinde Schwebel (FDP) als Vorsitzende dieses Akteneinsichtausschuss von der geleisteten Arbeit und zum vorgelegten Bericht Stellung zu nehmen. Der Bericht lag in schriftlicher Form allen Stadtverordneten vor. Schwebel würdigte die Arbeit der zahlreichen an der Ausschussarbeit in acht Sitzungen und darüber hinaus tätigen Stadtverordneten. Sie stellte die Struktur des siebenseitigen Berichtes vor, der auf Schlussfolgerungen und die Artikulation von zu ziehenden Konsequenzen verzichtet. Der Bericht enthält ein ergänzendes Minderheitsvotum von CDU, unterstützt von der MBL. Darin wird zu Teilaspekten Abweichendes formuliert. Der vollständige Bericht findet sich in das Marburger. zum Nachlesen veröffentlicht.

Berichterstattung in der Veruntreuungsangelegenheit vor dem Plenum der Stadtverordneten durch Gerlinde Schwebel am 31. März 2011. (Foto Hartwig Bambey)

Lediglich kurze Debatte über Bericht zur Veruntreuung

Es folgte lediglich eine kurze Debatte zum Veruntreuungsgeschehen selbst, darunter bewertende Betrachtungen und Ausführungen zum Ausschuss und dessen Berichterstattung. Wie schon im Ausschuss selbst, verzichteten die Stadtverordneten weitgehend auf die Artikulation von Schlussfolgerungen. Sie vertagten dies in die Zukunft und legten es insoweit in die Verantwortung des neu gwählten Stadtparlaments, wo allerdings die allermeisten von ihnen per Wählervotum wieder mandatiert worden sind.

Ulrich Severin (SPD) artikulierte seine Betroffenheit und die in der gesamten Stadt Marburg. Er versuchte ein Bild des Täters als vormaligen angesehenen Beamten mit ausgeprägt gespaltener Persönlichkeit zu zeichnen. Dieser habe über dienstliche Belange hinaus sich als engagierter Vereinsmensch, Stadtteilvertreter und Kirchenmitglied zu präsentieren versucht. Inzwischen müsse man Herrn A. als Brandstifter betrachten und nicht länger als Biedermann.

Roger Pfalz (CDU) lieferte eine Begründung zum Minderheitenvotum der CDU. In deren Augen gibt es vor allem abweichende Bewertung hinsichtlich der erfolgten Versetzung eines zweiten Mitarbeiters aus der vormaligen Beihilfestelle in die Bauabteilung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Viele Unklarheiten sprächen gegen einen Abschlussbericht, weswegen man sich zukünftig weiter damit zu befassen habe.

Hermann Uchtmann (MBL) übte grundständige Kritik an der Art und Weise und dem Selbstverständnis der Arbeit im Ausschuss. Sein Beitrag wird untenstehend in Ausschnitten dokumentiert.

Rainer Flohrschütz (Bündnis 90/Grüne) mochte sich bei auch von ihm gesehenen Fragen und Unklarheiten zum Geschehen und den verbleibenden Leerstellen nach Beendigung der Ausschussarbeit dem nicht anschließen. Er versuchte Uchtmanns Einschätzung als polemisch und falsch zurück zu weisen.

Georg Fülberth (Marburger Linke), wie Gerlinde Schwebel mit der Leitung der Ausschussarbeit betraut, verwies auf eine knauserige Marburger Haushaltsmehrheit, bei der es zudem einen falschen Stolz gebe, wie viel machbar sei mit möglichst wenig Aufwand. Fülberth forderte eine Revision in der Verwaltung, bei der nicht länger der Gesichtspunkt von Sparsamkeit bestimmend sein dürfe, vielmehr die Wirksamkeit der Aufgabenerfüllung Leitlinie werden müsse.

Auszüge der Stellungnahme von Hermann Uchtmann

Zugleich grundsätzliche Betrachtungen und kritische Bedenken zur Herangehensweise im Ausschuss und bei der vorher rein verwaltungsinternen Aufklärung hat Hermann Uchtmann (MBL) geltend gemacht. Sein Redebeitrag wird nachstehend in Auszügen dokumentiert:

…Aus meiner Sicht kann es keinen Abschlussbericht geben, da viel zu viele Fragen ungeklärt sind. Schon der Ansatz zu diesem Akteneinsichtsausschuss war falsch, nämlich einen internen Bericht als Grundlage der Diskussion und Versuch einer Aufklärung zu nehmen. Das Marburger Rechnungsprüfungsamt ist Teil des Systems und selbst wenn der Amtsleiter nicht direkt in die Vorfälle involviert ist, muss man die Objektivität des Berichts in Frage stellen. (Diese Aussage betrifft nicht den Verfasser des Berichts, dem an dieser Stelle für seine Unterstützung der Ausschussmitglieder gedankt sei.) Der Ausschuss hat sich fast ausschließlich mit diesem internen Bericht auseinandergesetzt. Eine externe Untersuchung, obwohl vom OB angekündigt, hat nicht stattgefunden. Der Bericht beschreibt Abläufe und Verwaltungsstrukturen in der Beihilfestelle, die auch aus den Akten zu entnehmen sind. Er erklärt aber nicht, wie es zu der Veruntreuung kommen konnte. Er klärt keine Hintergründe auf und stellt auch nicht fest, wer die Verantwortung für die Fehlentwicklungen trug.

Die zentrale Frage, warum wurde der betreffende Beamte nicht kontrolliert und wer ist dafür verantwortlich, wurde weder im Bericht noch im Abschlussdokument des Akteneinsichtsausschuss beantwortet. Dass im Nachhinein Fehler in der Verwaltungsstruktur aufgezeigt wurden und dass man diese in Zukunft abstellen will, ist trivial. Die zentrale Frage für mich bleibt: Wer war außer dem Veruntreuer  verantwortlich und wer muss ebenfalls Konsequenzen tragen, weil er für fehlgeleitete Strukturen in der Verwaltung zuständig war.
Wenn der Oberbürgermeister verkündet er übernehme die politische Verantwortung und wenn er auf der anderen Seite aber nicht bereit ist, entsprechende Konsequenzen für sich oder seinen Zuständigkeitsbereich zu ziehen, so ist das für mich ein Armutszeugnis.
…Aber die bisherigen Ergebnisse des Akteneinsichtsausschusses haben eindeutig gezeigt, dass die Verantwortung in der Verwaltungsstruktur der Beihilfestelle lag, wobei dem Rechnungsprüfungsamt eine besondere Rolle zukam, denn es ist seinen Prüfungspflichten in der Vergangenheit nicht nach gekommen. Vor diesem Hintergrund ist es absurd, dass im bisherigen Verlauf des Akteneinsichtsausschuss das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Marburg selbst die Rolle des Aufklärers übernimmt, obwohl es in der Vergangenheit mitbeteiligt war. Hier wäre eine externe Prüfung zwingend nötig gewesen.
…Die Beihilfe fällt in die Verantwortung des Ressorts des Oberbürgermeisters und in dieser Hierarchie haben alle ihren Teil der Verantwortung. Diese Verantwortung und die zuständigen Personen müssen benannt werden, will man die Fakten objektiv bewerten…

Nach den Einbringungen der Stadtverordneten hat Oberbürgermeister Egon Vaupel eine Stellungnahme zu seiner Sichtweise vor der Stadtverordnetenversammlung abgegeben. (Foto Hartwig Bambey)

Sichtweise des Oberbürgermeisters für den Magistrat

Der Oberbürgermeister verwies darauf, dass der bisherige Bericht lediglich eine interne Aufarbeitung geleistet habe. Dies sei an das Regierungspräsidium (RP) weiter gegeben worden. Auch der Bericht des Akteneinsichtausschuss werde dem  RP zugestellt. Vaupel sagt, dass er in der Differenz zwischen Mehrheits- und Minderheitsvotum im Ausschussbericht keine sonderliche Diskrepanz erblicken könne und beides als Grundlage betrachte.

Der Oberbürgermeister bekundete den Bedarf für eine externe Prüfung zu den Finanzströmen der Stadt Marburg. Es müsse um mehr Sicherheit gehen mit dem Ziel der Verunmöglichung von Veruntreuung. Es sei für den Magistrat Zielstellung noch vor der Sommerpause Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass „so etwas zukünftig nicht mehr passieren kann.“ Dazu könne die Bereitstellung von mehr und entsprechend qualifiziertem Personal beitragen. Er strebe auch die Anschaffung eines geeigneten Softwaresystems an, womit in Prüfläufen wirksame Kontrollmöglichkeiten eröffnet werden sollen.

Es bleibt viel ungeklärt, offen und gibt weiter viel zu tun

Nach rund zweistündiger Sitzung im Cappeler Bürgerhaus konnten sich die Stadtverordneten auf den Weg nach Hause und in das Wochenende machen. In der Sache bleibt viel und Entscheidendes zu tun. Es stehen an das strafrechtliche Verfahren, die zivilrechtliche Schadensregulierung, Prüfung und Würdigung personenbezogener Verantwortlichkeiten, strukturelle Massnahmen in der Stadtverwaltung ehe eine abschliessende Bewertung in Arbeit genommen werden kann. In Marburg ist der Schaden größer als sich in der Veruntreuungssumme von derzeit rund 1,65 Millionen Euro ausdrückt.

Der in der Sondersitzung des Stadtparlaments mehrheitlich verabschiedete Bericht findet sich in das Marburger. veröffentlicht.

Contact Us