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Thorsten Schäfer-Gümbel plädiert für Veränderungen in Mittelhessen

SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel war am Donnerstag Referent im Stadtverordnetensitzungssaal Marburg bei einer Veranstaltung des AFK Marburg. (Foto Hartwig Bambey)

Marburg 13.5.2011 (yb) In dem vergangenen Jahr haben interessante und wichtige Veranstaltungen im Stadtverordneten-sitzungssaal stattgefunden, darunter Sitzungen des Marburger Stadtparlaments. Darüber hinaus gab es Informationsabende zu Architektur und Städtebau, über die Stadtautobahn oder zur Einzelhandelsentwicklung. Für Donnerstagabend hatte der Arbeitskreis für Kommunal- und Wirtschaftsfragen Marburg eingeladen – Mitglieder, dazu Repräsentanten und den SPD-Landesvorsitzenden Thorsten Schäfer- Gümbel als Referenten.
Der Abend geriet, getragen vom analysierenden Vortrag des Sozialdemokraten, qualitätvoll und leistete Vergegenwärtigung von Problemstellungen und Anliegen gewollter mittelhessischer Regionalentwicklung.

Der Arbeitskreis für Kommunal- und Wirtschaftsfragen Marburg (AFK) hatte im November 2010 Ministerpräsident Bouffier als Gast. Nunmehr wollte der AFK mit dieser Veranstaltung „ein weiteres Schwergewicht der hessischen Landespolitik“ einladen. Dafür interessierten den Marburger Unternehmerverband unter Einbindung von Marburger Aspekten als Fragestellungen:

  • Wie sieht der Oppositionsführer im hessischen Landtag Marburg und die Region Mittelhessen positioniert?
  • Welche Akzente für die regionale Entwicklung möchte Thorsten Schäfer-Gümbel setzen?
  • Welche Entwicklungen wird er mittragen und was würde er anders machen?

Nach kurzer Begrüssung der gut 40 Versammelten, darunter Regierungspräsident Lars Witteck, Unipräsidentin Katharina Krause, Stadtverordnetenvorsteher Heinrich Löwer und OB Egon Vaupel, war es an Thorsten Schäfer-Gümbel an das Rednerpult zu treten, um in einem gut 30minütigen Vortrag seine Gedanken, Analyse, Vorstellungen und Kritik einzubringen.

In seinem freien Vortrag fühlte sich der SPD-Politiker unübersehbar wohl in seiner Rolle, überzeugte mit klarer Gedankenführung, fundierten Aussagen und es gelang ihm mühelos vollständige Aufmerksamkeit der Gäste bis zum letzten Wort seiner Ausführungen zu finden.

Marburg als Schwergewicht und Motor in Mittelhessen

Es war sicher nicht als Anbiederung an die Repräsentanten der Marburger Unternehmerschaft und Wirtschaft gemeint und interpretierbar, wenn Schäfer-Gümbel eingangs seiner Ausführungen die nördliche Universitätsstadt an der Lahn mit Verweis auf die Philipps-Universität, Einwohnerzahl und ihre Wirtschafts- und Steuerkraft als wesentlichen Motor zugleich der Regionalentwicklung charakterisierte. Der Referent sprach dabei von „einer besonderen Rolle“, die Marburg in Relation zu den Städten Wetzlar und Gießen, ganz und gar im Verhältnis zum Umland, zukommen würde. Als Beispiel führte er die Marburger Solarsatzung und das kommunale Handeln im Bereich Sozialer Stadterneuerung an – meinte und benannte die Stadt damit als Impulsgeberin in Vorreiterfunktion.

Hochschulentwicklungsplan in Hessen Fehlanzeige

Dies sei jenseits (partei)politischen Herkommens Tatbestand und Ausgangslage, könne nicht einmal von einem Hessischen Ministerpräsidenten in Frage gestellt werden oder geändert werden. Mit Blick auf die beiden Hochschulstandorte Gießen und Marburg beklagte der SPD-Vorsitzende das Fehlen jeglicher Hochschulentwicklungsplanung. Als Folge davon beschrieb und konstatierte er ein Profil- und Profilierungsproblem der mittelhessischen Hochschulen im Verhältnis zu Rhein-Main mit Darmstadt und Frankfurt und Nordhessen mit Kassel. Zwar gebe es einen Ansatz zur Stärkung der Autonomie und Selbststeuerung der Hochschulen. Dagegen habe er keinesfalls Einwendungen zu erheben. Doch dies reiche nicht aus, angesichts Hochschulpakt und unzureichender Finanzausstattung, um perspektivische Entwicklungen in Gang zu setzen.

Zu Überlegungen der Schaffung einer städte- und universitätsübergreifenden Hochschulmedizin im Nachgang der Privatisierung und Verschmelzung der Unikliniken Gießen und Marburg, fand der SPD-Fraktionsvorsitzende aus Wiesbaden klare Worte. Nach seiner Einschätzung hätte dies eine signifikante Schwächung der beiden Universitäten zur Folge, weil damit nun einmal wesentliche Kernbereiche herausgelöst und abgetrennt würden. Zudem sei zu befürchten, dass damit Vorschub geleistet würde für eine Entwicklung, bei der die Hochschulmedizin Konzerninteressen unterworfen werde. So etwas könne nicht im Interesse von Politik, Hochschulen und Patienten sein.

Zugleich verwies der Referent auf die herausragende Bedeutung insbesondere der beiden Universitäten als Aggregatoren für den Transfer Zigtausender Menschen, zuallermeist Studierender, nach Mittelhessen. Zu beklagen und überwinden sei allerding die bisher nicht geleistete Clusterbildung im Forschungsbereich. Dies erhob er als Forderung, legte zugleich dar, dass hier eine Verschränkung mit der Industrie und anderen Bereichen der Wirtschaft unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung sei. 

Thorsten Schäfer-Gümbel hat in Marburg interessierte Zuhörer gefunden. (Foto Hartwig Bambey)

Mit Blick auf Frankfurt und Kassel könne man die Erfolge solcher Forschungs-, Hochschul- und Entwicklungspolitik ablesen. Die derzeitige Wissenschaftsministerin komme nun einmal nicht aus Gießen oder Marburg. Sie sei in Kassel beheimatet. Der konkrete Vorschlag des Referenten lautete ein Cluster zur Anwendung von Nanotechnologien zu schaffen, nachdem Versuche aus Wetzlar in Richtung Optoelektronik gescheitert sind. Das Vorhandensein einschlägiger Industrien in Lahn-Dill und im Raum Biedenkopf böten dafür zudem günstige Anknüpfungsbereiche.

Fehlender Regionalentwicklungsplan für Mittelhessen

In Fortführung der Betrachtung politischer und planerischer Steuerungsinstrumente legt Thorsten Schäfer-Gümbel dar, dass zugleich für die neue, politisch gewollte Region Mittelhessen eine fehlende Regionalentwicklungsplanung zu beklagen sei. Dies zeitige Probleme. So hätten die Nachbarstädte Wetzlar und Gießen jeweils eine Mall gewollt. „Sie haben diese bekommen und heute gibt es Probleme mit den Malls – in beiden Städten“, sagte er.  Als weiteres Beispiel benannte er Probleme der überregionalen Verkehrsanbindung auf der Schiene. Neben den Ausdünnungen auf der Main-Weser-Bahn würde ihm die Schienenanbindung nach Osten in den Raum Vogelsberg und nach Westen in das Lahn-Dill-Gebiet und weiter nach Siegen / Köln mit Sorge erfüllen. Es gebe außerdem klare Defizite der Vertretung mittelhessischer Interessen in Beiräten und Entscheidungsgremien von RMV und auch NVV.  In einer Situation, bei der „Mittelhessen nun einmal von zwei Verkehrsverbünden versorgt“ und administriert werde, sei dies kein akzeptabler Zustand.

Dass der gegenwärtige Zuschnitt der Kammerbezirke, bei dem Marburg zur IHK Kassel und damit Nordhessen zugehörig ist, verschiedenen Anliegen und Interessen einer Region Mittelhessen zuwiderlaufe, wollte er nicht unterlassen zu bedenken zu geben. „Wohl wissend, dass im Veranstaltungsraum Teilnehmer sitzen, die dies nicht so gerne hören“ sagte Schäfer-Gümbel.

Abschließend referierte und veranschaulichte der ohne Manuskript in freier Rede sprechende Sozialdemokrat seine Bedenken, Kritik und Anregungen für in seinen Augen obsolete Veränderungen beim Verein MitteHessen. Dazu bringt das Marburger. einen gesonderten Bericht am Montag, 16. Mai.

Nach einer nur kurze Zeit in Anspruch genommen Gelegenheit für Fragen an den Referenten ging die Veranstaltung in den informellen Teil mit vielen Gesprächen am Büffet und schmackhaftem Elisabeth-Bräu über.


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