Kasseler Klimaschutzpreis 2024 verliehen

22.04.2024 (pm/red) Die Gewinnerinnen und Gewinner des zweiten Kasseler Klimaschutzpreises stehen fest. Am 21. April wurden die Preise auf dem Tag der Erde überreicht. Die Ausgezeichneten sind: Scientist for Future Kassel in der Kategorie „Personengruppe“ …

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Deutungshoheit um das UKGM: Rückkehrer, Partikeltherapie und Demagogie

Eine leeres Foyer im 3. Bauabschnitt der Marburger Unikliniken kann symbolisch zur ungklärten Zukunft des UKGM stehen. Foto Hartwig Bambey

Eine leeres Foyer im 3. Bauabschnitt der Marburger Unikliniken kann symbolisch zur ungeklärten Zukunft des UKGM stehen. Foto Hartwig Bambey

Marburg 3.1.2013 (yb) 367 von 4.622 MitarbeiterInnen des UKGM mit dem Recht zur Rückkehr in den Landesdienst haben zum 31.12.2012 von ihrem Recht in Gebrauch gemacht. 217 davon arbeiten am Standort Gießen und 150 arbeiten am Standort Marburg. Soviel zu den nackten Zahlen. In ostentativer Übereinstimmung finden sich diese in Pressemitteilungen des Hessischen Wissenschaftsministeriums und der UKGM-Geschäftsführung gelistet. Martin Menger als Geschäftsführer meint dabei gar Dank sagen zu müssen „für den Vertrauensbeweis aller derjenigen, die weiterhin die Zukunft am UKGM im Sinne und zum Wohl unserer Patienten mit gestalten wollen.“ Solche Aussage eines Geschäftsführers des privatisierten Uniklinikum kann Verwunderung auslösen. Menger als inzwischen 18. Person auf dem Schleudersitz der Geschäftsführung glaubt offenbar denken machen zu können, dass die Arbeit für das Patientenwohl und die Orientierung daran für die langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gießen und Marburg etwas Neues bedeutet. Vor allem enthalten seine gesalbten Worte Hinweise auf das, worum es seit einiger Zeit verstärkt geht. Dies lässt sich schlicht und einfach als Deutungshoheit bezeichnen. Nachdem der Verkauf von Rhön in 2012 von der Tagesordnung und die teuren Scherbenhaufen zusammengekehrt, sind in letzter Zeit nicht wenig diesbezügliche Anstrengungen zu verzeichnen. Gegen „wiederholt vorgebrachten Diskussionen um angeblich nicht hinreichend gute Arbeitsbedingungen beim UKGM“ wird jetzt verstärkt und in gewissem Gleichklang mobil gemacht. „Dass rund 92 Prozent der betroffenen Beschäftigten von ihrem Rückkehrrecht keinen Gebrauch machten, wertete die Ministerin auch als Vertrauensbeweis für die Zukunft des Universitätsklinikums Gießen und Marburg„, findet sich beim Wissenschaftsministerium zu lesen.

Ganz anders fällt die Bewertung von Seiten der GRÜNEN aus. “Dass fast sieben Jahre nach der Privatisierung und trotz Fristverlängerung durch den Landtag im letzten Jahr relativ wenige Beschäftigte von ihrem Recht der Rückkehr in den Landesdienst Gebrauch machen, zeigt vor allem, dass die Beschäftigten offenbar wenig Vertrauen in das Land Hessen als Arbeitgeber haben„, meint deren gesundheitspolitische Sprecherin Kordula Schulz-Asche.
Die konkrete Situation der Rückkehrer/innen vergegenwärtigend artikulieren sich Gerhard Merz und Thomas Spies, Landtagsabgeordnete der SPD für Gießen und Marburg. „Wir fordern die Landesregierung auf, uns umgehend mitzuteilen, wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UKGM, die von ihrem Rückkehrrecht in den Landesdienst Gebrauch gemacht haben, eingesetzt werden und welche Aufgaben sie übernehmen werden“, verlautbaren sie.

Nach monatelanger Sprachlosigkeit und Schweigen ist Christean Wagner, als Marburger Landtagsabgeordneter zugleich CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag, aus der Deckung aufgetaucht. Seine erste Tat war im Dezember die Beendung der politischen Avancen und Landtagskandidatur seines Parteifreunds Philipp Stompfe, Vorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU Marburg. Versteckt auf Seite 10 der Marburger Lokalzeitung gab es in dürren Worten zu lesen, dass sich die Bewerbung des CDU-internen Kritikers der UKGM-Privatisierung Stompfe erledigt habe. Ein Schelm, wer (nicht) denken würde, dass Stompfes gewollte Landtagskandidatur für die CDU der Wiesbadener Parteiraison und dem Durchgriff von Fraktionschef Wagner und Vertrauten des Ministerpräsidenten  zum Opfer gefallen sind.

Krass verspätet mit geradezu schamloser Demagogie meldet sich Christean Wagner per 3.1.2013  zur in Marburg gescheiterten Partikeltherapie zu Wort. „Wir werden in ernsten und verantwortungsvollen Verhandlungen uns dafür einsetzen, dass die Partikeltherapie in Betrieb genommen wird, da diese im hohen Maße dem Interesse der betroffenen Patienten dient und für Wissenschaft und Forschung eine exklusive Einrichtung darstellt, die die Attraktivität des Standortes Marburg erhöht.“ Beobachter muss sich fragen, was Wagner und seine Parteifreundin Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann das ganze Jahr 2012 über diesbezüglich gemacht haben. Das Ultimatum von Kühne-Hörmann vom 29.02.2012 war eindeutig: „Sollte die Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH ihrer vertraglichen Verpflichtung nicht nachkommen, sehe ich mich gezwungen, den im Konsortialvertrag festgeschriebenen Anspruch auf eine weitere Kaufpreistranche geltend zu machen“, formulierte sie und benannte 107 Millionen Euro als Rückforderung des Landes für die Nichterfüllung der Verpflichtung der Rhön AG zur Partikeltherapie per 31.12.2012. So kompromittiert Wagner 11 Monate später nicht nur sich selbst, sondern seine Wissenschaftsministerin gleich mit, wenn er glaubt in der Öffentlichkeit nach dieser langen Zeit und nunmehrigen Verstreichen der Frist noch mit „ernsten und verantwortungsvollen Verhandlungen“ Resonanz finden zu können.

Es gibt mithin einiges zu erwarten an rhetorischen und politischen Scharmützeln, die mit der realen Lage an den Unikliniken in Marburg und Gießen wenig gemein haben. Ob solche Dreistigkeit, wie sie Wagner jetzt an den Tag gelegt hat, in der Öffentlichkeit durchgehen wird, bleibt abzuwarten. Der Kritiker Philipp Stompfe und mit ihm die Marburger CDU sind mundtot gemacht. Gedächtnislosigkeit von Menschen mag ausgeprägt sein. Die realen Probleme, das angesagte Spardiktat am Klinikum und dessen Folgeprobleme bleiben. 2013 wird spannend und anspruchsvoll. Der Kampf um die Deutungshoheit hat gerade erst begonnen. Die Wahlen im Bund, danach in Hessen rücken näher.

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