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Prof. Ursula Birsl: Zunehmender Antifeminismus ist Teil rechter Ideologie

Die Marburger Politikwissenschaftlerin Prof. Ursula Birsl. Foto Gesa Coordes

Marburg 14.02.2019 (pm/red)  Antifeminismus werde vor allem von Hochgebildeten und Adligen vorangetrieben – das sagte die Marburger Politikprofessorin Ursula Birsl in ihrem Vortrag über „Antifeminismus (nicht nur) in der radikalen Rechten“ im Stadtverordnetensitzungssaal. Zu dem Vortrag eingeladen hatte die städtische Gleichstellungskommission. Welche Blüten die gegen Feministinnen gerichtete Agitation treibt, zeigte Birsl zunächst anhand einschlägiger Internetblogs: „Gender-Studies versinken im Korruptions-Sumpf“ habe etwa die „Freie Welt“ getitelt. Vom „Gender-Wahnsinn“ habe die „Junge Freiheit“ geschrieben.

Aber auch die eigentlich von Wissenschaftlern initiierte Plattform „Sciencefiles“, deren Betreiber sich als kritische Sozialwissenschaftler verstünden, würden von staatlich geförderter „Gender-Ideologie“ sprechen, die sie als unwissenschaftlich abqualifizierten. „Sie eint, dass sie sich nicht mit den Inhalten auseinandersetzen, sondern mit Behauptungen arbeiten und Forscherinnen persönlich angreifen“, so Birsl.

Politikwissenschaftlerin Birsl forscht im Rahmen des von ihrer Kollegin Annette Henninger geleiteten, interdisziplinären Großprojekts „Reverse“ über „Anti-Feminismus als Krisenphänomen“. Als Praxispartnerin ist die Leiterin des städtischen Gleichberechtigungsreferats, Dr. Christine Amend-Wegmann, dabei. Aber auch dieses vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt werde von der neuen Rechten als „skandalöses Beispiel“ für „Korruptionssumpf“ und „Geldverschwendung“ diffamiert.

Doch wer steckt eigentlich hinter der antifeministischen Bewegung? Geprägt werde die Szene durch eine kulturell rechtskonservative Haltung rund um den „Marsch für das Leben“ und die „Demo für Alle“ sowie der radikalen Rechten, die auch auf fundamentalistische, evangelikale Freikirchen und einzelne Vertreter aus christlichen Kirchen sowie aus konservativen Parteien ausstrahlten. So werde in einer Resolution des „Forums Deutscher Katholiken e.V.“ die „Gender-Ideologie“ mit „internationaler Geburtenkontrolle, Abtreibung“ für eine „Kultur des Todes“ verantwortlich gemacht. Dies sei eine „Variante des Antifeminismus“, so Birsl. Die Politikwissenschaftlerin plädierte aber ausdrücklich dafür, ein konservatives Weltbild nicht mit Antifeminismus zu verwechseln.

Im Zentrum der Bewegung geben laut Birsl in aller Regel Hochgebildete, oft auch mit Professorentitel, sowie Adlige den Ton an. Durch die Liberalisierung der Geschlechterverhältnisse und den Bildungsaufstieg unterer sozialer Milieus in den 70er-Jahre seien die alte Bildungselite und der Adel gesellschaftlich unter Druck geraten, erläuterte die Wissenschaftlerin. Ihr „Mobilisierungspotenzial“ fänden sie allerdings vor allem bei Facharbeitern und Angestellten im kleinbürgerlichen Milieu: „Das ist dasselbe Mobilisierungs-Potenzial wie bei der AfD“, erklärte die Forscherin.

Sie warnte davor, die Frage der Geschlechterverhältnisse zu unterschätzen. „Darin steckt ein zentrales Konfliktpotenzial von großer Dynamik und Sprengkraft für die Gesellschaft“, sagte sie. Antifeminismus könne auch zur Gewalt führen. Ein bekanntes Beispiel sei der christliche Rechtsterrorist Anders Breivik, der auf der norwegischen Insel Utoya 77 Menschen tötete. In seinem „Manifest“ bezeichnete er den Feminismus als seinen „wahren Feind“ und als eine wesentliche Motivation für die Morde. Auf den Antifeminismus im Islam angesprochen, warnte Birsl vor pauschalen Urteilen. Nach der Kriminalstatistik wird in Deutschland jeden zweiten Tag eine Frau von einem Mann getötet. Wenn es sich um deutsche Täter handele, gehe die Polizei meist von häuslicher Gewalt aus. „Aber es gibt auch Ehrenmorde bei Nicht-Muslimen“, so Birsl.

Die Vorsitzende der städtischen Gleichstellungskommission, Dr. Marlis Sewering-Wollanek, erinnerte während der Diskussion daran, wie sehr die Kommission bei ihrer Gründung Mitte der 1980er-Jahre verunglimpft wurde. Es sei Aufgabe der Politik, sachliche, fundierte Strategien gegen den Antifeminismus zu entwickeln.

 

 

 

 

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