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Marburger Ehrenbürger Amnon Orbach feiert 90. Geburtstag

Amnon Orbach, Ehrenbürger der Stadt Marburg, feierte mit seiner Frau, seiner Familie und vielen WegbegleiterInnen Geburtstag: Die Stadt hatte zum Empfang für ihren Ehrenbürger eingeladen, 150 Gästen war es ein besonderer Wunsch, mitzufeiern. Foto Patricia Grähling

Kassel 24.01.2020 (pm/red) Gründer und Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, Ehrenbürger der Universitätsstadt Marburg, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit: Amnon Orbach prägt das jüdische Leben und den interkulturellen Dialog in Marburg seit Jahrzehnten. In diesem Monat begeht er seinen 90. Geburtstag. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies hatte aus diesem besonderen Anlass zu einem Empfang in Marburgs schönstem Saal eingeladen.

Der Erhalt jüdischer Traditionen und jüdischen Glaubens in Marburg, ein besseres gegenseitiges Verständnis, ein friedvolles Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen und Religionen – dafür setzt Amnon Orbach sich unermüdlich ein, seit es ihn 1982 in die Universitätsstadt geführt hat. Rund 150 Menschen war es daher ein besonderes Anliegen, ihm beim Empfang im Rathaus persönlich zum 90. Geburtstag zu gratulieren. Eine lange Schlange GratulantInnen bildete sich schnell vor dem Geburtstagskind: Alle EhrenbürgerInnen der Stadt Marburg, Stadtälteste und Mitglieder des Magistrats, des Landtags und des Bundestags, VertreterInnen der Glaubensgemeinschaften, der Philipps-Universität und von Vereinen sowie Familienmitglieder aus Israel, viele Freunde und Bekannte zählten zu den zahlreichen Gästen.

„Wir feiern heute einen Menschen, der jede Lobpreisung verdient und zugleich die Tugend der Bescheidenheit so hochhält, dass er Lob eigentlich gar nicht hören möchte“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Ihr Einsatz für jüdisches Leben in Marburg, Ihre Lebensaufgabe, ist für die Universitätsstadt Marburg von unschätzbarem Wert.“ Die Inschrift „Mein Haus soll ein Bethaus für alle Völker sein“ an der Synagoge sei auf Orbachs Wunsch hin angebracht worden. Diese Worte zeigen: Der Geehrte hat sich auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Dialog zwischen den Religionen eingesetzt. So wurden in Marburg die letzten Worte der Torarolle gemeinsam mit Vertretern der christlichen Kirchen und der Islamischen Gemeinde geschrieben – ein Akt des Zusammenhalts, der in die Geschichte Marburgs eingegangen sei.

„Du bist ein Glücksfall für Marburg und ein Brückenbauer. Du stehst für ein jüdisches Leben, das existentiell im Alltag ist und nicht engstirnig in der religiösen Praxis“, sagte Monika Bunk. Die Weggefährtin und Freundin von Amnon Orbach und langjährige zweite Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, sie hat selbst an diesem Tag Geburtstag, hielt bei dem Empfang im Rathaus die Laudatio. Sie fand bewegende Worte zum 90. Geburtstag des Marburger Ehrenbürgers. Und hielt Rückblick, auf einen jungen Mann, der schon „früh mit Kampf und Gefahr konfrontiert war“. Der – 1930 in Jerusalem geboren – dort im Unabhängigkeitskrieg gekämpft hatte, als er noch keine 20 Jahre alt war.

Er war Ingenieur der israelischen militärischen Industrie, studierte in New York, baute die elektro-optische Industrie mit auf, wird Vater einer Tochter und eines Sohns, gründete eine Firma für Lehrmaterialien und Spiele, zog in seinen 50er-Jahren als Repräsentant dieser Firma nach Marburg. Doch ihm habe in Marburg das Judentum gefehlt. „Du machtest dich auf die Suche und fandest allerhand – zusammen mit Willy Sage ein paar fast verschüttete Torahrollen in einem Haus am Friedhof, die die Grundlage für die ersten Gottesdienste wurden.“ Er habe die jüdische Kultur in Marburg wieder auferstehen lassen, mit enormer Energie und Idealismus für den Ausbau der neuen, modernen Synagoge in der Liebigstraße gewirkt. „Du hast die Jüdische Gemeinde nicht nur wiederaufgebaut, sondern bist auch ihr geistiger Zusammenhalt, Herz und Seele.“

Ein Grußwort für die Jüdische Gemeinde Marburg hielt Thorsten Schmermund. „Du hast die Jüdische Gemeinde gegründet, die für viele Migranten Heimat und Gemeinschaft wurde“, bedankte er sich. Amnon Orbachs Drang zu lernen und dessen Liebe zu den Menschen höre nie auf.

Amnon Orbach selbst richtete nach den Grüßen und Glückwünschen seinerseits Dankesworte an die Gäste, die in den Historischen Rathaussaal gekommen waren, um mit ihm Geburtstag zu feiern. „Ich danke euch, dass ihr mich unterstützt habt und so akzeptiert wie ich bin. Ich habe in Marburg viele gute Freunde gewonnen.“ Eine besondere Freude hat ihn zum Geburtstag Bodam Lee gemacht. Sie begleitete den Geburtstag musikalisch – auf der Geige, die Amnon Orbach selbst in seiner Kindheit gespielt hat. „Ich werde kein großer Geiger. Das war mir schnell klar“, erzählte Orbach.

Seine Eltern hätten damals beschlossen, dass Orbach Geige spielen, dessen Zwillingsschwester Klavier lernen sollte. Die Geige lag in den letzten 77 Jahren in eine Kiste eingepackt. Vor zwei Monaten dann dachte Orbach an das Instrument – und ließ es aufbereiten. Bodam Lee spielte, begleitet von Gunter Friedrich am Klavier „Schön Rosmarin“ von Fritz Kreisler, „Das Vögelchen“ von Isang Yun und „Salut d`Amour“ von Edward Elgar unter großem Applaus. „In ihren goldenen Händen klingt diese mehr als 100 Jahre alte Geige wie neu“, freute sich Amnon Orbach.

Zu einem Geburtstag gehört eine Geburtstagstorte, die nach dem offiziellen Teil dann im Foyer für Orbach und dessen Gäste bereitstand. Ebenfalls als Geschenk der Stadt erhielt der Ehrenbürger ein Schreibset mit Füllfederhalter und Brieföffner – ein echtes Marburg-Unikat, da es aus dem Holz von Marburger Rotbuchen gefertigt wurde. Darüber hinaus hat die Stadt dem Wunsch des Jubilars entsprochen und für das Projekt „Aleh Negev – Nahalat Eran“ in Israel gespendet – ebenso wie die Gäste des Empfangs.

Amnon Orbach kam 1982 nach Marburg. Er gründete die Jüdische Gemeinde und wurde deren Vorsitzender. Durch ihn bekam das jüdische Leben in der Universitätsstadt einen neuen Stellenwert. Seit 1986 ist Orbach Mitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, wurde kurze Zeit später deren jüdischer Vorsitzender. Beide Ämter hat der 90-Jährige noch heute inne. Am 1. September wurden auf seine Initiative eine Synagoge und ein kleiner Unterrichtsraum in einem Wohnhaus am Pilgrimstein eingerichtet. 2005 wurden die neue Synagoge und das Kulturzentrum der Jüdischen Gemeinde in der Liebigstraße eröffnet. Für seine Verdienste hat Amnon Orbach 1990 das Historische Stadtsiegel der Universitätsstadt Marburg erhalten, 2000 wurde er mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet, zum 80. Geburtstag 2010 erhielt er die Medaille der Universitätsstadt Marburg.

 

 

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